Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung: Der Kollege im Büro ist stets freundlich, die Freundin organisiert Termine mit einem Lächeln, der Partner wirkt stark und kontrolliert. Und doch stimmt etwas nicht. Menschen mit einer versteckten Depression sind häufig erschöpft, ziehen sich zurück, wirken innerlich leer – aber sie lächeln und sagen, es sei „alles gut“.
In diesem Artikel erfahren Sie, woran Sie eine versteckte Depression erkennen können – bei sich selbst oder bei anderen –, und warum sie so oft unentdeckt bleibt. Welche Symptome sind typisch? Was ist, wenn sich eine Depression ganz anders äußert, als die meisten vermuten? Wie unterscheidet man zwischen Alltagsstress und einer versteckten Depression? Und wie finden Betroffene echte Unterstützung?
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine versteckte Depression?
15 – 18 Prozent der Gesamtbevölkerung erkranken im Laufe ihres Lebens an einer Depression.
Eine versteckte Depression – auch maskierte, larvierte, lächelnde oder somatisierte Depression genannt – ist eine Form der Depression, die sich nicht durch die klassischen Symptome wie tiefe Traurigkeit, Antriebslosigkeit oder Interessensverlust äußert. Häufig stehen körperliche Beschwerden im Vordergrund, etwa chronische Schmerzen, Magen-Darm-Probleme, Schlafstörungen oder Erschöpfung. In solchen Fällen spricht man auch von einer somatisierten Depression.
Auch emotionale Reizbarkeit, übermäßige Kritik an sich selbst oder anderen, sowie eine auffällige Unruhe oder ständiger Aktivismus können Anzeichen sein. Manche Betroffene wirken nach außen besonders engagiert, leistungsfähig oder „perfekt organisiert“ – innerlich fühlen sie sich jedoch leer und überfordert. Bei der sogenannten lächelnden Depression (englisch: smiling depression) kommt ein weiteres Phänomen hinzu: Die Person zeigt ein freundliches Gesicht, macht Witze, nimmt aktiv am sozialen Leben teil – doch das Lächeln ist mehr Fassade als Ausdruck echter Lebensfreude und dient vor allem dazu, die seelischen Schmerzen zu verbergen.
Während eine „typische“ Depression meist durch eine gedrückte Stimmung, Interessensverlust und Rückzug auffällt, bleibt die larvierte Depression oft unerkannt. Die Depression bleibt hinter der Maske verborgen und Betroffene leiden still. Sie funktionieren zwar im Alltag, erfüllen ihre Pflichten und wirken sogar sozial aktiv, aber innerlich erleben sie Leere, ein Gefühl der Gefühllosigkeit, Erschöpfung oder Sinnlosigkeit.
Im Gegensatz zur klassischen Depression, bei der die psychischen Symptome im Vordergrund stehen, tarnt sich die maskierte Depression hinter Alltagstüchtigkeit, körperlichen Symptomen oder einem Lächeln, was sie besonders tückisch macht. Eine frühzeitige Erkennung ist entscheidend – für Betroffene selbst und für Angehörige, die oft nur subtile Anzeichen wahrnehmen.
Smilling Depression: Warum lächelt man, wenn man traurig ist?
Menschen mit einer larvierten oder lächelnden Depression verbergen ihre Symptome oft – bewusst oder unbewusst. Das hat verschiedene Gründe. Viele Betroffene haben früh gelernt, dass Gefühle wie Traurigkeit, Hilflosigkeit, Überforderung, Schwäche oder Erschöpfung nicht erwünscht sind. Sie funktionieren weiter, weil sie das Gefühl haben, stark sein zu müssen – für die Familie, im Beruf oder in der Öffentlichkeit. Das Lächeln wird zur Maske, die vor Ablehnung, Unverständnis oder Scham schützen soll.
Persönliche Merkmale können einen erheblichen Einfluss darauf haben, ob jemand seine Depression bewusst oder unbewusst verbergen möchte. Insbesondere Menschen mit einem hohen Bedürfnis nach Selbstkontrolle, Verantwortungsbewusstsein und Perfektionismus neigen dazu, ihre Symptome zu unterdrücken und ihre Gefühle zu verstecken.
Auch gesellschaftliche Erwartungen spielen eine Rolle: Erfolg, Belastbarkeit und ständige Leistungsfähigkeit gelten als „Normalität“. Wer traurig ist, zieht sich lieber zurück oder spielt die eigenen Gefühle herunter – aus Angst, als „nicht belastbar“ wahrgenommen zu werden.
Hinter einer lächelnden Depression verbergen sich oft Gefühle der inneren Leere, Angst und Einsamkeit. Menschen mit dieser Form der Depression haben oft das Gefühl, von niemanden verstanden zu werden. Sie möchten nicht zur Last fallen. Dieser emotionale Rückzug kann allerdings die Isolation und Einsamkeitsgefühle verstärken.
Hinzu kommt: Manche Betroffene erkennen selbst nicht, dass sie depressiv sind. Stattdessen äußert sich die Depression körperlich – etwa durch chronische Schmerzen, Magen-Darm-Beschwerden, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Zähneknirschen oder Erschöpfung. Das psychische Leiden wird unbewusst verdrängt und „somatisiert“.
In einem solchen Zustand greifen Betroffene manchmal zu Maßnahmen, wie Medikamenten oder Alkohol, die die Symptome und belastenden Gefühlen zwar lindern sollen, aber diese Art der „Selbsttherapie“ birgt große Risiken und kann leicht in eine Suchtproblematik münden.
Was sind die häufigsten Mythen & Missverständnisse über eine versteckte Depression?
Hier sind einige der häufigsten Missverständnisse über versteckte maskierte Depressionen, die oft zu Fehleinschätzungen führen. Wer diese Mythen versteht, kann empathischer hinschauen – bei anderen und bei sich selbst:
Mythos 1: „Wenn jemand noch lacht, kann er nicht depressiv sein.“
Auf den ersten Blick wirken Menschen mit einer lächelnden Depression gut gelaunt, hilfsbereit und leistungsstark – sie lachen, übernehmen Verantwortung und scheinen zu funktionieren. Doch dieses Lächeln kann trügen. Bei einer larvierten oder lächelnden Depression dient es oft als Schutzmechanismus: Es verdeckt Erschöpfung, innere Leere oder Hoffnungslosigkeit.
Viele Betroffene haben früh gelernt, dass sie für andere da sein müssen und dass Schwäche nicht erwünscht ist – weder in der Familie, noch im Beruf. Also lächeln sie weiter, gehen ihren Verpflichtungen nach und versuchen, ihre Fassade aufrechtzuerhalten. Nicht aus Täuschung, sondern aus Angst: vor Ablehnung, dem Zusammenbruch, sowie andere zu belasten.
Mythos 2: „Wenn’s ernsthaft eine Depression wäre, würde man es merken.““
Viele Menschen denken bei Depression sofort an Antriebslosigkeit, Rückzug oder tiefe Traurigkeit. Doch diese typischen Symptome treffen nicht auf alle Betroffenen zu – vor allem nicht bei einer maskierten oder larvierten Depression. Diese Form bleibt oft unbemerkt, weil sie sich auf ganz andere Weise zeigt.
Statt im Bett zu liegen, sind Betroffene manchmal überaktiv oder besonders leistungsorientiert. Sie lenken sich ab, funktionieren im Alltag oder setzen sich selbst unter Druck – um bloß nicht stillzustehen und mit den eigenen Gefühlen konfrontiert zu werden. Andere wiederum klagen über körperliche Symptome wie Rückenschmerzen oder Verdauungsprobleme – ohne zu ahnen, dass die Ursache seelisch ist.
Mythos 3: „Wer wirklich Hilfe braucht, sucht sie sich auch.“
Dieser Gedanke hält sich hartnäckig – doch er greift viel zu kurz. Viele Menschen mit einer versteckten Depression erkennen ihr eigenes seelisches Leiden gar nicht unbedingt. Sie fühlen sich zwar oft erschöpft oder sind grundlos unzufrieden, bringen das aber nicht mit einer Depression in Verbindung. Stattdessen glauben sie, einfach „schlecht drauf“ oder zu sensibel zu sein – oder sie denken, es liegt an den äußeren Umständen.
Hinzu kommt: Selbst, wenn Betroffene ahnen, dass etwas nicht stimmt, fällt es vielen schwer, Hilfe zu suchen. Scham, Angst vor Stigmatisierung oder das Gefühl, versagt zu haben, halten sie zurück. Wer gelernt hat, immer stark zu sein, für andere da zu sein oder „zu funktionieren“, hat oft große Hemmungen, sich verletzlich zu zeigen.
Gerade deshalb ist die Vorstellung falsch, dass wirklich Hilfsbedürftige automatisch zum Therapeuten gehen. Oft braucht es Ermutigung, Verständnis – und eine Umgebung, in der es okay ist, Hilfe anzunehmen.
Mythos 4: „Männer haben seltener Depressionen.“
Tatsächlich leiden Männer nicht seltener an Depressionen – sie zeigen sie nur oft anders. Während bei Frauen häufiger „klassische“ Symptome wie Traurigkeit oder Weinen im Vordergrund stehen, äußert sich eine Depression bei Männern oft indirekt: durch Reizbarkeit, Rückzug, Wutausbrüche, mehr Arbeit oder erhöhten Konsum von Alkohol.
Viele Männer haben früh verinnerlicht, dass Stärke und Unabhängigkeit von ihnen erwartet werden. Gefühle wie Traurigkeit oder Hilflosigkeit passen für viele nicht zu diesem Selbstbild. Diese Unterschiede führen dazu, dass Depressionen bei Männern häufig nicht erst angesprochen, falsch diagnostiziert oder gar übersehen werden.
Mythos 5: „Körperliche Symptome sind kein Zeichen für Depression.“
Die Vorstellung, dass körperliche Beschwerden immer eine rein körperliche Ursache haben, kann in die Irre führen. Bei einer maskierten Depression äußern sich die seelischen Belastungen häufig über den Körper – etwa durch chronische Schmerzen, Magen-Darm-Probleme, Verspannungen oder Schlafstörungen. Diese körperlichen Symptome werden oft lange nicht mit einer Depression in Verbindung gebracht.
Betroffene klagen möglicherweise über wiederkehrende Beschwerden – ohne dass eine klare medizinische Erklärung gefunden wird. Häufig wird die seelische Belastung nicht wahrgenommen und bleibt unbehandelt, was dazu führt, dass die Symptome chronisch werden.
Es ist daher wichtig, zu verstehen, dass Körper und Psyche miteinander verbunden sind. Wenn körperliche Beschwerden immer wieder auftreten und keine eindeutige körperliche Ursache zu finden ist, sollte auch die Möglichkeit einer Depression in Betracht gezogen werden. Denn in vielen Fällen verbirgt sich hinter den körperlichen Symptomen eine ungelöste emotionale Belastung, die endlich Anerkennung und Unterstützung braucht.
12 Anzeichen einer versteckten Depression: Wie äußert sich eine maskierte Depression?
Eine versteckte Depression zeigt sich oft nicht auf den ersten Blick. Wie erkennt man eine versteckte Depression? Das sind die 12 häufigsten Anzeichen:
1. Aufgesetztes Lächeln – „Smiling Depression“
Sind wir ehrlich: Jeder hat irgendwann schon einmal versucht, scheinbar unliebsame Gefühle hinter einem aufgesetzten Lächeln zu verbergen. Es mag sein, dass wir beispielsweise gerade in der Arbeit sind und die Kollegen von unseren Gefühlen nichts mitbekommen sollen oder dass wir unseren Freunden nicht zur Last fallen wollen. Ein Lächeln ist immer gern gesehen, dies glauben zumindest viele Menschen.
Ein Lächeln ist aber nur dann gesund und schön, wenn dahinter auch die dazu passende Emotion steckt, nämlich Freude. Wenn das Lächeln aber unliebsame Gefühle versteckt, wird es schnell zur Maske, hinter der sich eine Depression verbergen kann. Immer lächelnd litt beispielsweise auch Robin Williams bis zu seinem Suizid unter Depression und Angstzuständen.
Je öfter man mit einem Lächeln andere Gefühle wie Traurigkeit, Wut, Angst, Einsamkeit oder Minderwertigkeitsgefühle zu verbergen versucht, desto mehr lässt sich hinter dem sympathischen Grinsen eine Depression vermuten. Das kostet Betroffene enorme Anstrengung und Kraft; was letztlich sogar dazu führen kann, dass Menschen mit Depression den Kontakt zu ihren Mitmenschen meiden.
Der Song „Don’t worry be happy“ – „Ärgere dich nicht, sei glücklich“, könnte also auch der Leitsatz eines Menschen mit Depression sein. Deshalb wird diese Form der Depression auch „lachende Depression“ oder „Smiling Depression“ genannt.
Lachen ist nicht immer der richtige Umgang mit unliebsamen Gefühlen. So schrieb der Schweizer Psychoanalytiker C. G. Jung: „Der Mensch wird nur gesund, wenn er über seine Schattenseiten spricht“. Das Aussprechen oder auch Ausweinen kann also ein Mittel sein, um Depressionen vorzubeugen oder diese zu lindern.
2. Unzuverlässig und flatterhaft
Der Anruf eines Freundes: Die begeisterte Frage nach einem gemeinsamen Treffen. Es folgen zahlreiche Ideen, was man alles machen könnte. Und was passiert? Nichts! Das Treffen kommt nicht zustande, weil Menschen mit einer larvierten Depression in letzter Minute häufig doch noch absagen. Hier schleicht die Depression ums Eck, die daran hindert, sich aufzuraffen.
Unzuverlässig, vergesslich und faul …
… das mögen alles Charaktereigenschaften sein, die als nicht sonderlich attraktiv gelten. Jedoch hat das bei einer Depression wenig mit Charakter zu tun, sondern vielmehr damit, dass die Unzuverlässigkeit auf einen geminderten Antrieb deutet, welcher ein typisches Merkmal einer Depression ist. Geschuldet ist der geminderte Antrieb auch dem Gefühl, ständig unter Strom zu stehen. Diese Dauerspannung kann auch zu einer übersteigerten Müdigkeit führen, was zur Folge haben kann, dass Betroffene „sich nicht aufraffen können“; darüber hinaus kann es zu Konzentrationsproblemen und Leistungsabfall bis hin zu einem Gefühl der Erstarrung kommen – von außen meint man, es sei pure Faulheit oder Vergesslichkeit – aber diese Antriebslosigkeit ist Teil der Depression und hat nichts mit Faulheit oder Dergleichen zu tun.
Doch mag sich diese auch ganz anders zeigen, denn Menschen mit Depression können ebenso flatterhaft wirken. Hier drückt sich die innere Unruhe, das „Unter Strom stehen“ körperlich aus. Das Umfeld reagiert oft mit Unverständnis auf die einerseits innere Getriebenheit und die andererseits scheinbare Bequemlichkeit.
3. Plötzliche Gefühlsausbrüche
Die Stimmung eines Menschen mit Depression verändert sich von Tag zu Tag, und selbst während des Tages. Auch reagieren depressive Menschen sensibler auf die verschiedenen Lebensumstände, was starke Stimmungsschwankungen und plötzliche Gefühlsausbrüche zur Folge haben kann. Männer reagieren oft mit Gereiztheit, Impulsivität und Aggressivität; aber auch Frauen sind während einer Depression leichter reizbar als sonst gewohnt und können plötzliche Ausbrüche von Wut oder Traurigkeit zeigen. Solche starken Stimmungsschwankungen können auf eine maskierte Depression hindeuten. Die innere Anspannung entlädt sich dann bei scheinbar jeder Kleinigkeit. Auch typisch für beide Geschlechter sind gedrückte Stimmung, innere Verzweiflung und Hilflosigkeit; und das Gefühl, sich am liebsten verkriechen zu wollen.
Ähnlich wie bei einem Igel, dem Sie zu nah kommen und der sich zu einer Kugel aus Stacheln zusammenrollt. Die plötzlichen Gefühlsaufbrüche sind ein deutliches Anzeichen dafür, dass sich jemand nur einigeln will und ihm einfach „alles zu viel“ wird; typisches Merkmal einer Depression.
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4. Sich nicht entscheiden können
„Soll ich oder soll ich nicht!?“ – so grübelt ein Mensch mit Depression sehr oft. Irgendwie scheinen die Entscheidungen so unsagbar schwierig zu sein. Selbst dann, wenn man bei einer Entscheidung mit wenigen Konsequenzen zu rechnen hat. Versteckte Depressionen zeigen sich in dem Gefühl des Hin- und Hergerissen Seins. Das kann bis zur Entscheidungsunfähigkeit gehen, aus Angst, einen Fehler zu machen.
Dann beginnt die Grübelei. Es werden immer wieder die gleichen Denkinhalte durchgekaut. Sie bereiten Kopfzerbrechen. Die Gedanken drehen sich im Kreis; jedoch ohne Ergebnis.
5. Versteckte Depression und das Essverhalten
Typisch für eine Depression ist die Appetitlosigkeit. Der Geschmackssinn ist deutlich gemindert. Das führt oft zu starkem Gewichtsverlust. Gelegentlich verändert sich das Essverhalten aber auch atypisch, das heißt, es kommt zu Heißhungerattacken (vermehrter Appetit vor allem auf Kohlehydrate, Fett, stark gesüßte oder sehr salzige Lebensmittel).
Übertragen könnte man sagen, bei einer Depression fehlt die Süße im Leben – der Geschmack am Leben. Mit dem Essverhalten wird versucht, die innere Leere auszugleichen.
Als Richtwert bei Depression gibt die WHO (World Health Organization) einen Gewichtsverlust bzw. eine Gewichtszunahme von 5 Prozent des Körpergewichts an, im Vergleich zum vergangenen Monat.
6. Erschöpfung und Schlafverhalten
Erschöpfung und das Gefühl, schwer wie Blei zu sein, sind typische Anzeichen einer Depression. Das „aus dem Bett kommen“ kostet enorme Anstrengung, trotzdem leiden Menschen mit Depression oft auch unter einer Schlafstörung.
Abends lange wach, weil man nicht einschlafen kann oder aus Angst, etwas zu verpassen (Einschlafstörung); nachts im Schlaf plötzlich hochschrecken (Durchschlafstörung), Albträume oder am Morgen sehr viel früher aufwachen als üblich, aber auch ein gesteigertes Schlafbedürfnis oder am Morgen das Gefühl, nur schwer aufstehen zu können – verändertes Schlafverhalten kann ein deutliches Anzeichen einer Depression sein. Aber auch umgekehrt gilt, eine Depression kann das Schlafverhalten verändern. Das heißt nicht, dass hinter jeder Schlafstörung gleich eine Depression zu vermuten ist; dennoch sollte bei einem gestörten Schlaf oder einem Schlaf, der nicht erholsam ist (Mattheitsgefühl in der Früh), ein Arzt hinzugezogen werden. Und sei es nur, dass mögliche körperliche Ursachen ausgeschlossen werden können.
Manche Antidepressiva wirken schlafanstoßend, zusätzlich können Entspannungsverfahren, wie die progressive Muskelentspannung oder das autogene Training, dabei helfen, wieder erholsam zu schlafen.
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7. Null-Bock-Stimmung oder „Ist mir doch egal“
Kein Bock auf Arbeit kann ganz einfach bedeuten, dass man den falschen Job hat oder auch die falschen Kollegen. Prinzipiell kann man daran aber etwas verändern.
Eine Null-Bock-Stimmung lässt sich jedoch nicht so einfach ändern, weglächeln oder mit einem „Jetzt raff dich doch auf“ lösen. Wer versucht, einen Menschen mit Null-Bock-Stimmung für etwas zu motivieren, wird höchstens ein „Ist mir egal“ ernten. Denn so einfach ist das nicht mit einer versteckten Depression im Handgepäck – sie ist immer da, und legt sich wie ein grauer Schleier über das Empfinden Betroffener; die Folge ist innere Leere, „Emotionskälte“ und Starre.
8. Erhöhte Aktivität – Sport, Arbeit und zwanghafte Disziplin
Für eine Depression typisch, wie bereits erwähnt, ist der Antriebsmangel. Dennoch gilt gerade für Menschen mit einer versteckten Depression, dass sie ihre Aktivitäten scheinbar plötzlich steigern. Hierbei wird die innere Unruhe körperlich ausgedrückt, beispielsweise durch vermehrten Sport (welcher zeitlich ein gesundes Maß übersteigt) oder durch Extremsportarten, wie Skydiving, Klettern ohne Sicherung oder Bodybuilding (als überoptimierter Körperkult). Auch vermehrte Überstunden in der Arbeit, die scheinbar freiwillig sind, können ein Anzeichen einer maskierten Depression sein.
Nicht nur mit Arbeit, Extremsport und anderen Aktivitäten versuchen Menschen mit einer Depression oft die schwarzen Dämonen aus eigener Kraft zu besiegen, auch werden feste Rituale zelebriert, die den Betroffenen Halt geben sollen, um dem Stimmungstief bereits vorher zu entkommen. Hier finden sich streng festgelegte Tagesabläufe und starre Denkweisen, Rituale, wie beispielsweise die Mahlzeiten zu bestimmten Uhrzeiten einzunehmen. Dieses Verhalten kann auf Außenstehende zwanghaft wirken.
Weil Depressionen auch zusammen mit einer Essstörung (wie Magersucht oder Bulimie) auftreten können, sei an dieser Stelle ebenfalls erwähnt, dass die gesteigerten Aktivitäten sich auch auf das Essverhalten auswirken können, wie oben bereits beschrieben. Derzeit wird wissenschaftlich erforscht, in welchem Zusammenhang Depressionen mit dem auffallend ausgeprägten Verlangen stehen, sich möglichst „gesund“ zu ernähren (Orthorexia nervosa). Auch hier liegt ein zwanghaftes Verhalten vor.ein zwanghaftes Verhalten vor.
9. Versteckte Depression im Körper
Eine Depression kann sich auch körperlich äußern, beispielsweise:
- regelmäßigen Verdauungsbeschwerden (Reizdarm, Verstopfung, Durchfall, Magenkrämpfe, Sodbrennen, Übelkeit, Erbrechen, Blähungen)
- körperlicher Abgeschlagenheit, Erschöpfung, leichter Ermüdbarkeit, Schlappsein
- Krankheitsgefühl, unerklärbarem Unwohlsein
- Hitzewallungen, Frösteln, Zittern
- chronischen Schmerzen (oft Kopfschmerzen, Migräne oder Rückenschmerzen)
- Muskelverspannungen (Nacken- und Schulterbereich, Krampfadern)
- Appetitverlust, Heißhunger, Gewichtsveränderung (unter Punkt „Essverhalten“ beschrieben)
- Schlafstörungen (Einschlafprobleme, Durchschlafprobleme; siehe unter „Schlafverhalten“)
- Druckgefühl in der Brust, Engegefühl oder dem Gefühl vom „Kloß im Hals“
- Schwindelgefühl, Tinnitus, Atemnot (häufig in Kombination mit Angst), flacher Atmung, schwerem Atmen, Herz-Kreislauf-Beschwerden (Herzrasen, Herzstechen, Broken-Heart-Syndrom)
- Augenflimmern, verschwommener Sicht, Lichtüberempfindlichkeit
- Zähneknirschen, „Zähne zusammenbeißen“
- Konzentrationsstörung, Gedächtnisstörung, Pseudo-Demenz
- Abnahme des sexuellen Verlangens (Libidoverlust), sexueller Funktionsstörung
10. Alkohol bei einer versteckten Depression
Ein, zwei Feierabendbierchen oder ein Gläschen Wein… – Sie merken es!? Diese Verniedlichungen mit „chen“ verdeutlichen bereits das Problem! Alkohol ist und bleibt ein Genussgift, was nur in Maßen, wenn überhaupt, getrunken werden sollte. Auch wenn der bayerische Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein uns 2008 glaubhaft machen wollte, dass man nach zwei Maß Bier innerhalb von sechs Stunden noch Autofahren fahren könne – dieses Märchen nützt lediglich der Alkoholindustrie!
Alkoholmissbrauch fängt klein an, mit einem Glas Wein oder einem Bier täglich, und endet im schlimmsten Falle im Delirium. Auch wenn es „nur zum Einschlafen“ oder „zum Entspannen“ sein mag, Menschen mit einer versteckten Depression versuchen sich oft mit Alkohol zu therapieren. Ein gefährliches Spiel, denn nicht selten führt es in die Sucht.
11. Philosophie über den Sinn von Leben und Tod
Jeder macht sich mal Gedanken, wie es im Leben weitergehen soll. Besonders wenn drastische Veränderungen anstehen, wie eine Trennung oder ein beruflicher Wechsel, ist es wichtig, auch mal einen Gedanken daran zu verschwenden, wie die Weichen zukünftig gestellt werden sollen.
Dagegen macht sich ein Mensch mit einer versteckten Depression nicht nur mal Gedanken über die Zukunft, sondern philosophiert auffallend viel über den Sinn des Lebens. Dabei wird auch der Tod thematisiert. Manchmal sind es aber auch stille Gedanken über den eigenen Suizid. Selbstmordgedanken rücken für Menschen mit Depression verstärkt ins Zentrum der Gedankenwelt. Für das Umfeld heißt es wach werden und hinhören, wenn in den Gesprächsthemen bei den Betroffenen immer öfter pessimistische Zukunftsaussichten aufkommen. Als „depressiven Realismus“ bezeichnen Psychologen dieses Phänomen, bei dem der realistische Blick auf sich und die Umwelt verlorengegangen ist.
Etwa 15 Prozent der Menschen mit einer diagnostizierten Depression begehen Suizid.
12. Die „Ich komm alleine klar“- oder „Es geht schon“- Einstellung
Es ist natürlich und normal, nach einem Verlust (bei Trennung, Verlieren des Arbeitsplatzes oder fehlender Gesundheit) traurig, enttäuscht und verletzt zu sein. Das reguliert sich aber für gewöhnlich nach einigen Wochen wieder. Hält dieses schwarze Loch jedoch über mehrere Wochen an oder tauchen Suizidgedanken auf, sollte dies unbedingt ernst genommen und Unterstützung gesucht werden.
Menschen mit Depression tun das meist ab mit: „Ich komm schon klar, bin gerade nur mal nicht gut drauf.“ Aus Scham, Angst vor Zurückweisung oder manchmal einfach nur aus dem Gefühl heraus, niemandem zur Last fallen zu wollen, versuchen sie ihr Empfinden zu verharmlosen oder zu verstecken. Diese falsche Zurückhaltung verlängert aber nur unnötig das Leiden der Betroffenen.
Depressionen sind grundsätzlich heilbar. Die meisten Depressionen verlaufen phasenweise. Die Dauer einer sogenannten depressiven Phase kann durch eine zeitnahe Behandlung erheblich verkürzt werden, zudem wird dadurch das Risiko gesenkt, an einer erneuten Depression zu erkranken.
Neben Psychotherapie können auch Antidepressiva zum Einsatz kommen. Dies sollte mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Die Neigung, eine erneute depressive Phase zu erleiden, bleibt bestehen, besonders wenn in der Vergangenheit bereits eine Depression, eine Erschöpfungsdepression oder ein Burnout diagnostiziert wurde.
Selbsttest Depression: „Bin ich depressiv?“
Fühlen Sie sich erschöpft oder innerlich leer – sind sich aber nicht sicher, was mit Ihnen los ist? Vielleicht fragen Sie sich, ob das einfach eine Phase ist – oder ob mehr dahintersteckt. Dieser Selbsttest kann Ihnen helfen, Ihre aktuelle seelische Verfassung besser einzuordnen.
Beantworten Sie die folgenden Fragen mit „Ja“ oder „Nein“:
- Fühlen Sie sich seit mehreren Wochen niedergeschlagen oder innerlich leer?
- Sie haben das Interesse an Dingen verloren, die Ihnen früher Freude gemacht haben?
- Fällt es Ihnen schwer, morgens aufzustehen, den Alltag zu bewältigen oder sich überhaupt für etwas aufzuraffen?
- Sind Sie schneller erschöpft oder müde als früher?
- Haben Sie oft körperliche Beschwerden (z. B. Rückenschmerzen, Magenprobleme, Migräne oder Schlafstörungen), ohne klare Ursache?
- Sind Sie häufig gereizt, innerlich unruhig oder übermäßig angespannt?
- Versuchen Sie, vor anderen „gut drauf“ zu wirken, obwohl es Ihnen nicht gut geht?
- Haben Sie das Gefühl, niemand versteht Sie – oder Sie dürfen Ihre Gefühle nicht zeigen?
- Grübeln Sie viel oder machen sich oft Sorgen über Ihre Zukunft oder wie andere Menschen etwas gemeint haben könnten?
- Fühlen Sie sich oft unsicher oder Ihr Selbstwertgefühl ist gemindert?
- Nehmen Sie vermehrt Alkohol, Medikamente oder andere Mittel zur „Beruhigung“?
- Haben Sie sich in letzter Zeit zunehmend sozial zurückgezogen?
Auswertung: Test – „Habe ich eine Depression?“
Wichtig: Der Test ist als erste Orientierung zu verstehen, er ist keine Grundlage für eine Diagnose – diese stellt ein Arzt:in oder Psychotherapeut:in.
Zur Auswertung: Wenn Sie mehrere Fragen mit „Ja“ beantwortet haben, kann das ein Hinweis auf eine depressive Verstimmung oder eine Form der Depression sein – besonders, wenn die Beschwerden über mehrere Wochen bestehen.
Sie müssen das nicht alleine bewältigen. Eine psychotherapeutische Beratung kann helfen, Klarheit zu gewinnen und Schritte in Richtung Besserung zu gehen.
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Was hilft bei einer versteckten Depression?
Viele Betroffene fragen sich, ob und wie sie überhaupt wieder zu sich selbst finden können. Die gute Nachricht ist: Ja, eine larvierte Depression kann heilen. Was kann dabei helfen, eine versteckte Depression zu überwinden?
Erster Schritt: Das Problem erkennen und verstehen
Vielleicht spüren Sie schon länger: „Irgendetwas stimmt nicht.“ Sie sind erschöpft, reizbar oder haben körperliche Beschwerden – aber eine eindeutige Ursache lässt sich nicht finden. Gefühle wie innere Leere, Überforderung oder das permanente Gefühl, nur noch zu „funktionieren“, begleiten Sie. Und doch fällt es schwer, all das einzuordnen.
Der erste und wichtigste Schritt ist, dieses diffuse Empfinden ernst zu nehmen. Viele Menschen mit einer versteckten Depression leben über Jahre hinweg mit ihren Symptomen – oft ohne zu wissen, dass hinter den Beschwerden eine seelische Belastung steht.
Fragen Sie sich zum Beispiel:
- „Bin ich ständig müde, obwohl ich genug schlafe?“
- „Wirkt mein Leben im Außen „normal“, aber innerlich fühlt es sich leer an?“
- „Habe ich das Gefühl, nur noch durchzuhalten, statt wirklich zu leben?“
Auch körperliche Symptome ohne medizinisch erklärbare Ursache – wie Verspannungen, Magenprobleme oder Schlafstörungen – können Hinweise auf eine maskierte Depression sein.
Erkennen und verstehen ist der Anfang von Veränderung.
Wenn Sie erkennen, dass Ihre Beschwerden vielleicht nicht „Ihre Art“ oder „Stress“ sind, sondern Ausdruck seelischer Not, entsteht etwas Wichtiges: Klarheit. Und mit ihr die Möglichkeit, neue Schritte zu gehen.
Das ist kein einfacher Prozess – und selten ein schneller. Aber er kann entlasten. Wenn Sie beginnen, ehrlich mit sich zu sein, müssen Sie Ihre Fassade nicht länger aufrechterhalten. Sie dürfen sich Unterstützung holen: durch Gespräche, Therapie oder kleine, entlastende Veränderungen im Alltag.
Und vielleicht beginnt genau hier etwas Neues. Denn wenn Sie aufhören, gegen sich selbst zu kämpfen, können Sie beginnen, für sich selbst da zu sein.
Selbstverantwortung: Den eigenen Weg aktiv mitgestalten
Sich einzugestehen, dass es einem nicht gut geht, ist mutig. Doch ebenso wichtig ist der nächste Schritt: Verantwortung für sich selbst zu übernehmen – in kleinen, machbaren Schritten.
Selbstverantwortung bedeutet nicht, dass Sie „schuld“ an Ihrer Depression sind. Es heißt auch nicht, dass Sie alles allein schaffen müssen. Es bedeutet vielmehr: „Ich bin bereit, mir selbst zuzuhören. Ich will etwas verändern – in meinem Tempo und auf meine Weise.“
Vielleicht haben Sie sich über lange Zeit an andere angepasst, „funktioniert“ und versucht, allen Erwartungen gerecht zu werden – im Beruf, in der Familie, im sozialen Umfeld. Dieses ständige Sich-Zurücknehmen und Anpassen ist bei einer versteckten Depression keine Seltenheit. Betroffene verlieren dabei oft den Kontakt zu sich selbst:
- „Was will ich eigentlich?“
- „Was tut mir gut?“
- „Wofür stehe ich ein?“
Selbstverantwortung bedeutet in diesem Zusammenhang nicht, alles allein schaffen zu müssen. Es heißt vielmehr, sich selbst wieder ernst zu nehmen: Gefühle wahrzunehmen, Bedürfnisse zu erkennen, Hilfe anzunehmen – und sich den Raum zu nehmen, den man braucht, um gesund zu werden.
Das kann bedeuten:
- Die eigenen Bedürfnisse erkennen und ernst nehmen – statt ständig nur für andere da zu sein.
- Sich Ruhe und Erholung gönnen, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.
- Gefühle zulassen und benennen lernen – auch wenn sie unangenehm sind.
- Sich Pausen zugestehen, auch wenn andere weitermachen.
- Gesunde Grenzen setzen lernen und auch mal „Nein“ sagen – ohne schlechtes Gewissen.
- Sich selbst mit Mitgefühl begegnen, statt sich ständig zu kritisieren.
- Auf Warnsignale des Körpers hören, statt Schmerzen oder Erschöpfung zu ignorieren.
- Scham und Schuldgefühle hinterfragen, statt sich selbst abzuwerten.
- Sich Hilfe zu holen, wenn die Kraft fehlt, allein weiterzugehen.
- …
Niemand sonst kann in Sie hineinschauen. Niemand kann für Sie fühlen, denken oder heilen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie sich selbst ernst nehmen und liebevoll prüfen, wie Sie mit sich selbst umgehen. Es bedeutet nicht, dass Sie „schuld“ an Ihrer Lage sind – ganz im Gegenteil. Viele Menschen mit einer versteckten Depression haben jahrelang funktioniert, sich angepasst und durchgehalten. Genau deshalb ist es so wichtig, sich irgendwann zu fragen: „Wie gehe ich mit mir um? Was brauche ich eigentlich – nicht für andere, sondern für mich?“
Alte Regeln und Überzeugungen hinterfragen
Bei einer versteckten oder maskierten Depression spielen oft unbewusste Glaubenssätze und alte innere Regeln eine zentrale Rolle. Diese haben sich meist früh im Leben entwickelt – etwa durch familiäre Erfahrungen, gesellschaftliche Erwartungen oder belastende Erlebnisse – und prägen unbemerkt das Selbstbild und Verhalten.
Typische Glaubenssätze, die mit einer versteckten Depression in Verbindung stehen, sind zum Beispiel:
- „Ich darf keine Schwäche zeigen.“
- „Ich muss immer stark sein und funktionieren.“
- „Meine Bedürfnisse sind nicht so wichtig.“
- „Gefühle zeigen bedeutet, angreifbar zu sein.“
- „Ich bin nur wertvoll, wenn ich etwas leiste.“
- …
Solche inneren Überzeugungen können dazu führen, dass Betroffene ihre wahren Gefühle unterdrücken – aus Angst, nicht mehr dazuzugehören, abgelehnt zu werden oder als „schwach“ zu gelten. Das Lächeln, die Hilfsbereitschaft oder das ständige Funktionieren werden dann zu einer Art Schutzprogramm, das lange aufrechterhalten wird – auch wenn es innerlich schmerzt.
Diese alten Regeln zu hinterfragen ist ein wichtiger Schritt im Umgang mit einer versteckten Depression: Welche alten Überzeugungen helfen wirklich? Und welche engen ein, machen krank oder verhindern echte Selbstfürsorge?
Heilung beginnt oft damit, sich selbst neue, freundlichere Überzeugungen zu erlauben – wie: „Ich darf Hilfe annehmen.“ oder „Ich bin auch ohne Leistung wertvoll.“
Freundschaften und soziale Kontakte pflegen
Das Bedürfnis, sich zurückzuziehen, ist ein typisches Symptom bei einer Depression – viele Betroffene möchten einfach nur ihre Ruhe haben, weil alles zu viel erscheint. Gespräche wirken anstrengend, Treffen mit anderen überfordernd, und das Gefühl, nichts „geben“ zu können, verstärkt die Isolation. Doch genau dieser Rückzug kann die depressive Verstimmung noch verstärken.
Soziale Kontakte wirken wie ein Gegengewicht zur inneren Leere. Sie erinnern Sie daran, dass Sie Teil eines Miteinanders sind – auch wenn Sie sich selbst gerade als Last empfinden mögen. Ein offenes, ehrliches Gespräch kann entlasten. Und manchmal hilft es schon, einfach nur mit jemandem zusammen zu sein, auch ohne viele Worte. Freundschaften geben Halt und das Gefühl, gesehen und angenommen zu werden – auch mit Schwäche.
Gerade wenn Sie denken: „Ich will niemandem zur Last fallen“, ist Kontakt besonders wichtig. Denn Menschen, die Sie mögen, möchten oft genau das Gegenteil: für Sie da sein. Nicht, weil Sie etwas leisten – sondern einfach, weil Sie ihnen wichtig sind.
Kleine Schritte reichen aus: Sie müssen nicht gleich stundenlange Treffen organisieren. Ein Anruf oder ein gemeinsamer Spaziergang kann schon viel bewirken. Manchmal ist auch nur eine kurze Nachricht machbar: „Ich habe gerade nicht viel Kraft, aber ich wollte dich hören“. Die meisten Freunde reagieren einfühlsam, wenn man sich ehrlich mitteilt. Wer Sie gern hat, wird nicht mehr verlangen als das, was Sie gerade geben können.
Körperliche Signale ernst nehmen
Viele Menschen mit einer versteckten Depression erleben körperliche Symptome: chronische Rückenschmerzen, Magenprobleme, Schlafstörungen, Herzklopfen oder ständige Erschöpfung. Sie gehen von Arzt zu Arzt – doch die Befunde sind oft unauffällig. Das kann verunsichern oder sogar beschämen: „Vielleicht bilde ich mir das alles nur ein?“
Aber: Körperliche Symptome sollten Sie ernstnehmen, auch wenn keine organische Ursache gefunden wird. Gerade bei einer versteckten Depression drücken sich seelische Belastungen häufig über den Körper aus – das nennt man Somatisierung. Das bedeutet: Gefühle wie Überforderung, Traurigkeit oder Angst haben keinen bewussten Raum – und suchen sich dann ein anderes Ventil.
Der Körper „spricht“ in seiner eigenen Sprache. Wenn Sie zuhören, kann das der erste Schritt zur Veränderung sein. Denn manchmal tut nicht der Rücken weh – sondern das, was man schon viel zu lange mit sich herumträgt.
Vielleicht geht es weniger um die Frage „Was fehlt mir körperlich?“ – sondern mehr um: „Was fordert mich gerade seelisch so sehr, dass mein Körper Alarm schlägt?“ Es lohnt sich, diesen Signalen mit Neugier und Mitgefühl zu begegnen, statt sie wegzudrücken oder zu ignorieren.
Manchmal beginnt dieser Weg genau dort, wo wir aufhören, nur im Außen zu suchen – und anfangen, nach innen zu lauschen.
Wann sollte man professionelle Hilfe suchen?
Professionelle Hilfe sollten Sie in Anspruch nehmen, wenn Sie merken, dass Sie über längere Zeit leiden – und das nicht mehr allein bewältigen können. Wenn Sie über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen fast täglich unter gedrückter Stimmung, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen, körperlichen Beschwerden ohne erkennbare Ursache oder dem Verlust von Freude an Dingen leiden – und sich dieser Zustand nicht verbessert, kann das ein ernstzunehmender Hinweis auf eine depressive Erkrankung sein.
Falls Ihre Symptome Ihr tägliches Leben beeinträchtigen – sei es im Beruf, im sozialen Leben oder in Ihren Beziehungen – und Sie merken, dass Sie nicht mehr so „funktionieren“ können wie gewohnt, kann das ein klares Zeichen dafür sein, dass professionelle Hilfe nötig ist.
Wenn Sie sich fragen, ob das „schon schlimm genug“ ist: Jedes anhaltende seelische Leiden verdient Beachtung und Unterstützung. Je früher man hinschaut, desto besser sind oft die Chancen auf Besserung. Auch bei Symptomen, die weniger deutlich sind, wie z. B. eine ständige Reizbarkeit, Ängste oder das Gefühl der inneren Leere – und vor allem, wenn sich diese Gefühle immer weiter verschärfen –, ist es ratsam, sich professionelle Unterstützung zu suchen.
Ein besonders wichtiger Punkt ist: Wenn Ihre Gedanken zunehmend negativ oder hoffnungslos werden – oder wenn Sie spüren, dass Sie sich zurückziehen, den Alltag nicht mehr gut bewältigen können oder gar an Selbstverletzung denken oder daran, „nicht mehr da sein zu wollen“, ist es höchste Zeit, Hilfe zu suchen.
Psychotherapie kann Ihnen helfen, sich selbst besser zu verstehen, mit belastenden Gefühlen umzugehen und Wege aus der Krise zu finden. Sie müssen diesen Weg nicht allein gehen, sondern können sich jetzt Unterstützung holen. Vereinbaren Sie einfach einen Termin, ich begleite Sie gern.
Herzlichst, Ihre Ulrike Fuchs
Paarberaterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie
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Quelle: Intensivkurs – Psychiatrie und Psychotherapie, 6. Auflage 2008, Urban & Fischer Verlag München