„Passen Borderline und Beziehung überhaupt zusammen?“, fragen sich einige Menschen. Denn Menschen, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) leiden, haben oft Schwierigkeiten in jeder Art von Beziehung, ob in Freundschaften, in der Familie oder in der Partnerschaft.
Warum ist das so? Was ist Borderline eigentlich? Wie verlaufen Beziehungen mit einem Menschen, der unter BPS leidet? Sind Menschen mit Borderline überhaupt beziehungsfähig? Was kann man als Angehörige/r, Partner/in oder Freund/in tun und was sollte man besser vermeiden? Darum geht es im folgenden Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Borderline eigentlich?
Borderline ist eine Persönlichkeitsstörung, die durch Impulsivität, instabile Emotionen und intensiven Stimmungsschwankungen gekennzeichnet ist. Es handelt sich um eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderline-Typus. Der Begriff entstand aufgrund der Annahme, dass sich diese Persönlichkeitsstörung im Grenzbereich (engl. borderline) zwischen Neurose und Psychose bewegt.
Menschen, die unter der Boderline-Persönlichkeitsstörung leiden, können nur schwer die eigenen Gefühle kontrollieren, sie leiden unter extremen Stimmungsschwankungen, Spannungszuständen, dem Gefühl der Leere, neigen zu selbstverletzendem Verhalten, außerdem leiden sie an einem instabilen Selbstbild. Ihre sozialen Beziehungen sind häufig intensiv, aber wechselhaft. Viele Menschen mit einer BPS sind sehr misstrauisch und haben große Schwierigkeiten, Vertrauen aufzubauen. Sie neigen zu Fehlinterpretationen, was eine Beziehung mit ihnen äußert kompliziert gestaltet.
Borderline ist nicht heilbar, die vorhandenen Symptome können sich jedoch im Laufe der Jahre verbessern. Besonders junge Borderliner haben große Schwierigkeiten mit der Impulskontrolle. Mit zunehmender Lebenserfahrung und durch Psychotherapie können sie bestimmte Skills erlernen, mit denen sie die Spannungszustände besser beherrschen können. Die für Borderline typischen selbstverletzenden bzw. destruktiven Verhaltensweisen wie z. B. Alkohol- bzw. Drogenmissbrauch können mit den neu erlernten Techniken ein anderes Ventil finden. Angstzustände und Depression können zur BPS dazukommen oder auch mit zunehmenden Jahren zur vordergründigen Symptomatik werden.
Aber: Borderline ist nicht Borderline. Es gibt viele Abstufungen, ähnlich wie bei vielen anderen Erkrankungen auch. Entscheidend ist, wie gut sich ein Mensch mit einer BPS selbst kennt und weiß, was ihm guttut und was er braucht, um sich selbst zu stabilisieren.
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Symptome und Anzeichen, die auf eine Borderline-Persönlichkeitsstörung hindeuten:
- Plötzlich und situationsunabhängig auftretende Anspannungszustände und unerträgliche Erregungszustände
- Impulsivität und ein instabiles Gefühlserleben
- Probleme, Gefühle, wie z. B. Wut oder Angst zu kontrollieren
- Beendigung dieser Spannungszustände durch dysfunktionale Verhaltensmuster wie selbstschädigendes, selbstverletzendes oder riskantes Verhalten wie beispielsweise sich selbst Schmerz zufügen („sich ritzen“, Verbrühen mit heißen Flüssigkeiten, Haare ausreißen), schnelles Autofahren oder häufige Unfälle, Alkohol- und Drogenmissbrauch, Sex mit vielen verschiedenen Geschlechtspartnern (auch ungeschützt), Essstörungen oder auch Suizidalität.
- In der Partnerschaft und sozialen Beziehungen: starkes Bemühen, nicht verlassen zu werden; zeitgleich massive Eifersuchtsszenen, Verlustängste und Angst vor dem Verlassenwerden, emotionale Erpressung, Manipulation, Gaslighting und Drohungen
- Starke Idealisierung des Partners (vor allem in der Anfangsphase), intensive Zuwendung und Wunsch nach Erleben von Abenteuern
- Hilfsbereitschaft, auch bis zur Selbstaufopferung
- Sehr intensive, aber emotional instabile zwischenmenschliche Beziehungen, Provokation und Beziehungsdramen
- Feindseligkeit und Misstrauen anderen Menschen gegenüber
- Schwierigkeiten, sichere und stabile zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen
- Chronisches Gefühl von Leere
- Störung der eigenen Selbstwahrnehmung und Identität
- Dissoziative oder psychotische Symptome, z. B. Halluzinationen oder paranoide Vorstellungen
Sind Menschen mit Borderline beziehungsfähig?
Im Grunde fühlen Borderliner wie alle anderen Menschen, nur eben sehr viel intensiver. Das gestaltet eine Beziehung mit ihnen meist sehr schwierig. Junge Borderliner, die sich selbst noch sehr wenig kennen und verstehen, bemühen sich oft sehr, beziehungsfähiger zu werden. Sie haben oft entweder keinen festen Partner oder wechseln diese ständig. Mit den Jahren und der Erfahrung kann sich die Beziehungsfähigkeit bei Borderlinern jedoch verbessern.
Menschen mit einer BPS erleben ihre Umwelt als eher feindlich. Das ist bedingt durch die Erlebnisse oder manchmal auch Traumata, die sie geprägt haben. Sie haben oft Dinge erlebt, die psychisch belastend sind und bei der sie die Erfahrung machen mussten, dass die Welt sehr böse sein kann, auf Menschen kein Verlass ist oder diese ihnen vielleicht sogar Schaden zufügen.
Wenn uns wehgetan wurde, haben wir natürlich auch Angst, dass dieses schlimme Erlebnis sich wiederholen könnte. Das kennt man von Menschen, die beispielsweise einen schweren Verkehrsunfall hatten und sich davor fürchten, sich wieder ans Steuer zu setzen. Anders als psychisch gesunde Menschen, die selbst entscheiden können, ob sie sich wieder als Steuer setzen, hat ein Borderliner teils so frühkindliche Traumata oder Missbrauch erlebt, dass er nicht die freie Wahl hatte, denn als Kinder sind wir von unseren Mitmenschen und Bezugspersonen abhängig und können nicht einfach entscheiden, zu gehen. So entsteht bei Menschen mit einer BPS oft schon sehr früh das Gefühl, hilflos ausgeliefert zu sein. Dieses Gefühl tragen viele Borderliner noch im Erwachsenenalter in sich: ohnmächtig zu sein.
Menschen mit Borderline sind aufgrund solcher Erfahrungen sehr misstrauisch. Sie können einem massive Vorwürfe machen, dass man sie ja sowieso nicht verstehen würde. Der Partner hält irgendwann seinen eigenen Standpunkt zurück, weil er fürchtet, wieder versehentlich einen Trigger auszulösen, der einen emotionalen Ausbruch, Wut oder Ängste beim Borderliner zur Folge haben könnte. Auch können Borderliner schnell sehr eifersüchtig sein, denn ihre ausgeprägte Verlustangst lässt den Teufel an die Wand malen. Misstrauen anderen Menschen gegenüber und Eifersucht sind untrennbar und gehören in fast jede Beziehung mit Borderlinern. Manche Partner von Borderlinern haben den Eindruck, dass sie gar kein eigenes Leben mehr führen können, aus Angst, die Impulsivität und Unvorhersehbarkeit des Partners würde die nächste Beziehungskrise mit einer möglichen Ankündigung einer Trennung zur Folge haben.
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Wie verläuft die Beziehung mit einem Menschen mit einer BPS?
Menschen mit einer BPS können Nähe häufig nur schwer ertragen, genauso wie zu viel Distanz. Deshalb kommt es in Beziehungen mit einem Borderliner häufig zu einen „Komm-her-geh-weg“-Spiel. Sie drücken auch häufig den On-off-Knopf. Dieses Verhalten von Menschen mit einer BPS überfordert oft sowohl Familie, Freunde und den Partner. Von Lovebombing bis zum Liebesentzug ist alles dabei. Man bekommt als Angehörige oder Partner schnell den Eindruck, scheinbar ständig alles falsch zu machen. Sogenannte Trigger, die den Vulkan in einem Borderliner zum Ausbruch bringen, können kleinste Feinheiten sein, die mit seinem Trauma zu tun haben, und die man von außen oftmals gar nicht verstehen kann. Eine Beziehung mit einem Menschen, der unter Borderline leidet, kann sich anfühlen, als ob man in voller Liebe versucht, einen Kaktus zu umarmen.
Borderliner ziehen ihre Partner immer wieder an sich heran und stoßen sie wieder weg. Sie provozieren Streit und hitzige Wortgefechte, in denen sichergestellt ist, dass der Partner da ist und zugleich nicht zu nah erscheint. Das führt zu einer massiven Belastung für beide Partner und die Beziehung. Borderliner reagieren auf Zurückweisung sehr impulsiv. Sie haben große Angst davor, verlassen zu werden. Deshalb versuchen sie, ihren Partner mit allen Mitteln zu binden. In extremen Fällen kann das auch mit Selbstmorddrohungen einhergehen.
Außerdem schreiben Menschen mit einer BPS Leidenschaft sehr groß – und das nicht nur im Sinne, dass sie Leiden schafft: leidenschaftliche heftige Streitereien, Weinen, Schreien oder Türenknallen gehören dazu. Nein, besonders in der Sexualität geht es bei ihnen hoch her. Borderliner nutzen Sex oftmals, um Spannungen abzubauen. Gerade am Anfang einer Beziehung ist der Sex mit einem Borderliner für viele unglaublich aufregend, spannend und intensiv.
Was aber auch passieren kann: Der Borderliner stoppt plötzlich die Partnerschaft und zieht sich sexuell zurück. Das kann z. B. dann passieren, wenn in der Sexualität ein Trigger passiert, weil die Betroffenen in der Vergangenheit vielleicht sexuellen Missbrauch erlebt haben. Dann fallen sie oft in eine sie intensiv bedrohende Emotion. So kann es passieren, dass der Partner unwissentlich einen Trigger auslöst und ein Borderliner nicht mehr mit ihm oder ihr intim werden möchte – mit anderen Menschen aber schon, weil sie noch keinen Trigger in ihm ausgelöst haben. Dieses Verhalten führt zu dem Vorurteil, Borderliner seien nicht treu und würden zum Fremdgehen neigen. Aber auch hier gibt es viele Abstufungen, und jeder Borderliner ist unterschiedlich beziehungsfähig.
Nicht zuletzt nutzen Menschen mit einer BPS manchmal auch die Sexualität, um eine romantische Liebesbeziehung zu erhalten oder zu pflegen. Das heißt, sie nutzen Sex, um eine Beziehung zu intensivieren oder dem Partner etwas Gutes zu tun. Ihr Konzept funktioniert nicht über den Leitsatz „Wir lieben uns und haben deshalb Sex miteinander“, sondern sie intensivieren über die körperliche Nähe die Beziehung, um ihren Partner an sich zu binden, oder sie setzen ihn als „Versöhnungssex“ ein.
Um also eine Beziehung aufrecht zu erhalten, legen Menschen mit einer BPS oft folgende Verhaltensweisen ein: Machtspielchen, den Versuch, Kontrolle über andere auszuüben, emotionale Erpressung, Manipulation, Lügen sowie Idealisierung und Abwertung zum Schutz der eigenen Psyche. Allerdings tun sie das nicht, um anderen absichtlich zu schaden, sondern es ist lediglich der Versuch, die eigenen Ängste zu minimieren. So versuchen Borderliner beispielsweise durch Manipulation zu verhindern, dass sie verlassen werden oder sie allein sein müssen (Verlustangst). Die Idealisierung des Partners ist besonders in der (Wieder-)Annäherungsphase wichtig, denn so versuchen Borderliner, ihren Partner mehr an sich zu binden (Symbiose-Falle, s. dazu auch weiter die „Tipps“).
Die 25 wichtigsten Tipps für Paare in einer Borderline-Beziehung
Die Beziehung mit einem Menschen, der an einer BPS leidet, ist also nicht immer einfach und für den Partner sehr herausfordernd. Trotzdem gibt es ein paar praktische Tipps, die dabei helfen, das Zusammenleben und die Liebe mit einem Borderliner besser zu gestalten. Was kann der Partner konkret tun? Wie geht man mit Lügen, Manipulation, Kontrollverhalten und emotionaler Erpressung um? Was ist typisch für eine Borderline-Beziehung? Wie kann man als Angehöriger mit der Erkrankung um? Wie können Sie trotzdem versuchen, die Beziehung zu stärken, ohne sich dabei selbst zu verlieren?
Tipp 1: Informieren Sie sich über die Borderline-Persönlichkeitsstörung
Als Partner von einem Borderliner ist es nicht immer einfach zu unterscheiden, was zum Krankheitsbild gehört und was „normale“ Beziehungsprobleme sind. Es gibt zahlreiche Bücher, in denen Sie sich über die Borderline-Persönlichkeitsstörung informieren können. Außerdem können Sie eine Gruppe für Angehörige besuchen, in der Sie Rat bekommen und sich mit anderen Angehörigen austauschen.
Tipp 2: Seien Sie ein einfühlsamer Partner
Wenn Ihr Partner emotional überreagiert oder ausrastet – lassen Sie ihn. Vermeiden Sie es, sich zu einer emotionalen Antwort aufgrund vorangegangener Vorwürfe hinreißen zu lassen. Versuchen Sie, ruhig und gelassen bleiben. Gehen Sie auf emotional impulsive Reaktionen Ihres Partners nicht ein, indem Sie sich in einen Streit verwickeln lassen. Drohen Sie nicht mit Trennung. Reden Sie nicht von oben herab („Ich weiß …“ oder „… weil du …“), sondern auf Augenhöhe.
Tipp 3: Überfordern Sie sich nicht
Menschen mit einer BPS können viel Aufmerksamkeit einfordern. Das kann von Zeit zu Zeit für den Partner etwas viel werden, vor allem, wenn dieser sich mal zurückziehen möchte. Jeder Mensch braucht auch Zeit für sich. Partner von Menschen mit einer BPS brauchen ein gutes Gespür dafür, wann Sie auf Abstand gehen müssen, um mal durchatmen zu können und sich nicht zu überfordern.
Tipp 4: Nicht persönlich nehmen
Wenn Menschen mit Borderline weinen, schreien und ausflippen, ist das nicht persönlich gemeint, auch wenn sie gern versuchen, die Schuld an ihrer intensiven Emotionalität dem Partner in die Schuhe zu schieben. Es mag sein, dass Ihr Partner Ihnen Vorwürfe macht oder Ihnen die Schuld dafür gibt, wie schlecht es ihm gerade geht. Dieses Verhalten ist Teil der Erkrankung und lediglich nur ein weiterer Gefühlsausbruch.
Tipp 5: Spannungen entschärfen – Deeskalation in emotional instabilen Zeiten
Um Konflikte und Spannungen zu entschärfen, ist es ratsam, zeitlich Abstand zu gewinnen. Man muss nicht jeden Konflikt sofort klären, zudem ist das auch nicht immer möglich. Versuchen Sie, Ihre/n Partner/in zu beruhigen, z. B. so: „Ich hätte gerne etwas Zeit, um über dein Gesagtes nachzudenken. Lass uns bitte später noch einmal reden.“
Alternativ können Sie auch versuchen, Ihren Partner mit etwas Angenehmen abzulenken, beispielsweise ein gemeinsamer Spaziergang.
Tipp 6: Androhung von Suizid oder Selbstverletzung unbedingt ernst nehmen
Selbstverletzendes Verhalten und Androhungen von Suizid kommen bei Menschen mit einer BPS sehr häufig vor. Oft werden diese als manipulativ und aufmerksamkeitssuchend verstanden. Es ist schwierig, zu erkennen, ob die Selbstmordandrohung etwa im Falle einer Trennung lediglich als Druckmittel benutzt wird oder ernst gemeint ist. Allerdings sollte eine Selbstmordandrohung in jedem Falle ernst genommen werden, weil es eben von außen nicht erkennbar ist, ob der Wunsch nach einem Suizid akut ist oder „nur“ ein Manipulationsversuch, um nicht allein sein zu müssen.
Sie sollten nicht zögern, einen Rettungsdienst oder die Polizei zu rufen. Bleiben Sie zur Sicherheit bei Ihrem Partner, bis die Rettungshelfer vor Ort sind.
Tipp 7: Selbstreflexion
Selbstreflexion ist die Fähigkeit, über sich selbst nachzudenken. Sie ist eine Form der achtsamen Selbstwahrnehmung, mit dem Ziel, das eigene Denken, Fühlen und Handeln besser zu verstehen. Durch Selbstreflexion erkennen wir besser, was uns guttut und was uns ausmacht. Diese Eigenschaft ist vor allem dann wichtig, wenn der Borderline-Partner „Verschmelzung“ (s. weiter unten) anstrebt, um Ihnen anschließend die Schuld dafür zu geben. Mit genügend Selbstreflexion können Sie besser zuordnen, was Ihnen „gehört“ und was nicht. Sie bleiben entspannter und vermeiden selbst impulsive Reaktionen, die Sie später bereuen.
Tipp 8: Unterscheiden Sie zwischen Ihren Gefühlen und denen Ihres Partners
Dieser Punkt schließt am vorherigen an, denn als Partner von einem Menschen mit Borderline ist es enorm wichtig, die eigenen Gefühle von denen des Partners zu unterscheiden. Spätestens seit „Dirty Dancing“ wissen wir, dass jeder seinen eigenen (Tanz-)Bereich braucht. „Dein Tanzbereich, mein Tanzbereich“, sagte Johnny (Patrick Swayze) zu „Baby“ (Jennifer Grey), um dies zu verdeutlichen. Besonders in einer Partnerschaft mit Borderlinern kommt es zu wiederkehrenden emotionalen Grenzüberschreitungen. Deshalb ist es enorm wichtig, dass Partner darauf achten, den eigenen emotionalen Raum zu wahren: „Deine Gefühle, meine Gefühle.“
Tipp 9: Eigene Grenzen wahrnehmen und deutlich kommunizieren
Wir alle haben eine persönliche „Schmerzgrenze“. Diese ist dazu da, unseren Raum zu wahren und selbst bestimmen zu dürfen, wie weit wir gehen möchten. Lernen Sie Ihre Grenzen besser kennen und formulieren Sie diese deutlich, im Zweifel auch, wenn Ihr Partner diese nicht respektieren will. Es ist Ihre Grenze und Sie sind verantwortlich dafür, dass diese von anderen eingehalten werden. Viele Menschen mit einer BPS haben oft selbst nicht richtig gelernt, was angemessene Grenzen sind und wie man diese zieht.
Tipp 10: Rückzugsorte sind für beide erlaubt und wichtig
Das Modell „Living apart together“, also in getrennten Wohnungen zu leben, obwohl man zusammen ist, hat verschiedene Vorteile für Menschen in einer Borderline-Beziehung: Wer getrennt lebt, kann man sich voneinander distanzieren, wenn es gerade mal zu viel wird. Das kann dabei helfen, genügend Abstand zu gewinnen und mal durchzuatmen. Auch sind getrennte Finanzen sinnvoll. Das stellt sicher, dass ein Borderliner in euphorischen Krankheitsphasen nicht das Geld von beiden ausgibt.
Tipp 11: Im Verhalten klar bleiben
„Klartext“ kann man nicht nur sprechen, sondern auch im eigenen Verhalten zeigen. Auch hier geht es wieder um Grenzen und Regeln, die Menschen mit einer BPS Halt und Sicherheit geben. Wenn Sie sagen: „Heute komme ich nicht zu Besuch“, dann bleiben Sie auch dabei, denn so treten Sie eindeutig auf. Vertreten Sie Ihre eigene Meinung freundlich und bestimmt. Je klarer Ihr Verhalten ist, desto mehr Sicherheit erfahren Borderliner. Sie können sich dann daran orientieren, indem sie zustimmen oder sich auch abgrenzen.
Gemeinsame Abmachungen können Sie beispielsweise auch schriftlich festhalten.
Tipp 12: Stärken Sie Ihre Selbstsicherheit und Ihr Selbstvertrauen
Als Partner von einem Menschen mit einer BPS sollten Sie psychisch stabil und robust sein. Die Anfeindungen und massiven Vorwürfe des Borderliners können selbst das stabilste Selbstwertgefühl schon mal aus dem Gleichgewicht bringen. Deshalb ist es wichtig, dass Sie selbst immer wieder Ihre Selbstsicherheit und Ihr Selbstvertrauen stärken. Hinter mangelnder Selbstsicherheit stecken oftmals Versagensängste oder die Angst vor Ablehnung. Ein Mensch mit einer BPS meint jedoch nicht Sie persönlich, sondern die Ablehnung ist Teil der Erkrankung. Machen Sie sich das immer wieder bewusst, damit Sie selbst stabil bleiben.
Tipp 13: Vermeiden Sie Verschmelzung, eine symbiotische Beziehung und Co-Abhängigkeit
Verschmelzung und Co-Abhängigkeit in einer Partnerschaft sind heikle Themen. Symbiotische Beziehungen werden für einige Menschen als „die höchste Form der Liebe“ angesehen, allerdings hat das einen Preis: Man stellt seine eigenen Bedürfnisse immer mehr hinten an, fühlt sich für alles schuldig und kann emotional stark abhängig vom Partner werden. Borderliner neigen zu Verschmelzung und emotionaler Abhängigkeit in der Beziehung, um ihre Verlustangst zu lindern. Das Problem dabei ist: Es ist nie genug.
Tipp 14: Ehrlich mit sich selbst und dem Partner bleiben
Bleiben Sie Ihrem Partner und sich selbst gegenüber ehrlich. Sprechen Sie über Ihre eigenen Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse, ohne dabei absichtlich zu verletzen. Vermeiden Sie Schuldzuweisungen oder Vorwürfe, denn sonst wird Wahrheit schnell zur Waffe. Nehmen Sie sich Zeit, um Ihre Worte in Ruhe zu durchdenken und anschließend so auszudrücken, dass Sie beide sich etwas besser fühlen können. Hier gilt: Übung macht den Meister bzw. die Meisterin.
Tipp 15: Lügen des Borderliners deutlich benennen und trotzdem fair bleiben
„Alles schön und gut mit der Ehrlichkeit“, werden Sie denken, „und was ist, wenn Borderliner selbst lügen?“ Was kann man dann tun? Wenn wir merken, dass wir angelogen werden, hinterlässt das in der Regel ein schales Gefühl – und irgendwann leidet auch das Vertrauen. Wenn Sie Ungereimtheiten oder Lügen erkennen, sprechen Sie Ihren Partner darauf an. Bleiben Sie dabei bei dem, was Sie wahrgenommen bzw. beobachtet haben und teilen Sie Ihrem Partner mit, wie Sie sich damit fühlen und was diese Ungereimtheit mit Ihnen macht, ohne dabei vorwurfsvoll zu werden.
Tipp 16: Wie steht es mit der Treue?
In einer monogamen bzw. „nicht-offenen“ Beziehung kann die Untreue des Borderline-Partners zum Problem werden, denn nicht selten wechseln sie scheinbar wahllos ihre Sexualpartner. Das kann auch passieren, wenn Borderliner in einer Partnerschaft leben.
Sprechen Sie so frühzeitig wie möglich über das Thema „Treue“ und was Sie beide jeweils darunter verstehen. Sind diese Unterschiede beim Thema „Treue“ überbrückbar? Finden Sie Kompromisse? Oder trennen sich Ihrer beider Wege, weil die Unterschiede zu groß sind und Sie nicht der Typ für eine offene Beziehung sind? Bleiben Sie ehrlich mit sich und damit sich selbst treu.
Tipp 17: Seien Sie ein verlässlicher Partner
Zuverlässigkeit und Sicherheit ist für eine stabile Partnerschaft enorm wichtig. Insbesondere gilt das für Menschen mit Borderline: Sie brauchen einen stabilen Partner, deshalb sollten Sie Absprachen einhalten. Versprechen Sie nur Dinge, die Sie auch einhalten können und wollen. Damit vermitteln Sie Sicherheit und bleiben ein verlässlicher Partner.
Das sind Sie aber nicht nur, wenn Sie Absprachen einhalten und da sind, sondern auch, wenn Sie Ihre eigenen, klar formulierten Grenzen einhalten und darauf achten, dass diese niemand anderes übergeht.
Tipp 18: Wie leidensfähig sind Sie?
Die starke Ambivalenz, die Menschen mit Borderline empfinden, macht die Beziehung zu ihnen zur echten Herausforderung. Für den Partner ist es praktisch unmöglich zu erkennen, ob sich der Partner mit einer BPS auf die Beziehung einlassen kann und sich bekennt oder nicht. Das bedeutet: Menschen, die in einer Borderline-Beziehung leben, erfahren automatisch auch die Zerrissenheit des Partners, bleiben in der Partnerschaft unsicher und schweben zwischen den Extremen „Ich hasse dich“ und „Verlass mich nicht“. Seien Sie sich darüber bewusst, dass die Borderline-Dynamik anspruchsvoll sein wird und Sie an Ihre Grenzen bringen wird.
Tipp 19: Bleiben Sie immer auch sich selbst treu
In der Borderline-Beziehung sollten Sie immer auch sich selbst treu bleiben. Gehen Sie keine Kompromisse ein, die sich nicht gut für Sie anfühlen und versprechen Sie nichts, was Sie nicht einhalten können. Um ein klares „Ja“ zu formulieren, müssen wir manchmal auch „Nein“ sagen – nur so bekommt unser „Ja“ auch einen Wert.
Tipp 20: Umgang mit der Schuldfrage
Egal, ob Menschen mit einer BPS weinen, auf Distanz gehen, klammern oder Sie wüst beschimpfen, Sie seien an allem schuld – das alles ist Teil der Erkrankung. Menschen mit Borderline haben wenig bis keinerlei Verantwortungsbewusstsein. Die Schuld liegt grundsätzlich an anderen Menschen, dem Partner oder den „widrigen Umständen“. Das Abschieben der Schuldfrage lässt Borderliner auch in der Opferrolle verharren.
Wenn Sie nun die Schuldzuweisungen des Borderline-Partners zurückweisen, kontern, sich rechtfertigen oder in irgendeiner Form emotional auf einen Streit einlassen, beginnen Sie, sich in der Schuldfrage im Kreis zu drehen. Lassen Sie sich nicht in Schuldzuweisungen verwickeln.
Tipp 21: Sprechen Sie mit anderen Menschen
Reden Sie mit Menschen, denen Sie vertrauen und die Verständnis für Ihre Situation aufbringen können, seien es Freunde, Familie, Angehörigengruppen oder auch in einer Therapie. Wenn Sie nicht mehr weiterwissen, müssen Sie nicht allein da durch, sondern können sich Hilfe suchen.
Tipp 22: Verabschieden Sie sich von der Idee, Ihren Partner zu retten
Statt immer sofort zu Hilfe zu eilen, wenn der Partner mit Borderline einen Gefühlsausbruch hat oder eine schwierige Situation erlebt, sollten Sie ihn bzw. sie zur Eigenverantwortung ermutigen. Es ist einfach, als Partner eines Borderliners überfürsorglich, unterstützend und hilfsbereit zu sein, denn das fordern Borderliner ein. Außerdem fühlt man sich gebraucht, wichtig und wertvoll, wenn man hilft und für andere Menschen da ist. Im gesunden Rahmen ist das auch in Ordnung so. Bei Borderline aber ist das etwas anderes.
Widerstehen Sie dem Drang, Ihren Partner retten zu wollen. Die BPS ist seine Erkrankung, deshalb muss er bzw. sie in einer Psychotherapie selbst lernen, damit umzugehen. Menschen mit einer BPS müssen lernen, selbst Verantwortung zu übernehmen. Außerdem werden Sie sich mit der Zeit weniger schuldig fühlen, wenn Ihr Partner Verantwortung für die Dinge übernimmt, für die er bzw. sie auch verantwortlich ist.
Tipp 23: Achtung, Sie sind nicht der bzw. die Therapeut/in Ihres Partners!
Sie können Ihren Partner zu einer Psychotherapie motivieren, aber Sie können ihn nicht selbst therapieren. Selbst wenn Sie ausgebildeter Therapeut, Coach oder Berater sind, so sind Sie „persönlich befangen“. So nennt man es, wenn Helfer oder Therapeuten persönliche Berührungspunkte mit dem Betroffenen haben. Mit der Befangenheit können Sie nicht mehr neutral von außen auf die Beziehung schauen, sondern sind in die gemeinsamen Probleme und Krisensituationen verwickelt.
Tipp 24: Wenn nur noch die Trennung hilft
Manchmal jedoch ist das Borderline-Beziehungsmuster derart belastend, dass es besser ist, sich zu trennen. Bereiten Sie sich darauf vor, dass der Borderline-Partner heftig reagieren wird, wenn Sie die Trennung aussprechen. Menschen mit einer BPS stürzen oftmals in ein tiefes Loch, da ihnen die Abgrenzung zum Partner fehlt. Ihnen fällt es schwer, ähnlich wie Menschen, die an Narzissmus leiden, ihren Partner als eigenständige Persönlichkeit wahrzunehmen.
Hier kann es sehr hilfreich sein, wenn Sie dafür sorgen, dass unmittelbar nach der Trennung jemand für Ihren Partner da ist. Das können Freunde sein, die Sie eingeweiht haben oder auch Familienmitglieder. Sie können aber auch mit dem/der Therapeut/in Ihres Partners sprechen, der sicher wertvolle Tipps für Sie hat, wie Sie sich am besten trennen können.
Tipp 25: Suchen Sie sich selbst Unterstützung
Das Borderline-Beziehungsmuster zu erkennen und zu verstehen, ist für beide Partner nicht einfach. Viele Angehörige und Partner von Menschen mit einer BPS haben große Schwierigkeiten, mit der Erkrankung umzugehen. Sie verlieren sich häufig selbst bei dem Versuch, den Borderline-Partner zu unterstützen. Das hat zur Folge, dass das Gefühl, gescheitert zu sein, weitere Scham- und Minderwertigkeitsgefühle auslöst. Letztlich findet sich der gesunde Partner dann in einer Abwärtsspirale wieder.
Wenn Sie selbst nicht weiterkommen oder bemerken, dass es Ihnen mit der Borderline-Dynamik immer schlechter geht, ist es völlig in Ordnung, sich selbst therapeutische Unterstützung zu suchen.
Herzlichst, Ihre Ulrike Fuchs
Paarberaterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie
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