Wer regelmäßig zu hohe Erwartungen an sich und andere stellt, wird schnell enttäuscht sein: Je höher und unrealistischer unsere Ansprüche sind, desto wahrscheinlicher erhöht sich der Druck und die Enttäuschung.
Kann man wirklich ohne Erwartungen nie mehr enttäuscht werden? Ist das die Garantie, um glücklich zu werden? Können wir uns überhaupt von jeglicher Erwartung freimachen? Welche Wünsche sind in einer Partnerschaft realistisch und vielleicht sogar notwendige Bedingung? Und wann erwarten wir zu viel?
Inhaltsverzeichnis
Warum wir Erwartungen an uns und andere stellen
Wenn wir in eine Bäckerei gehen, nehmen wir an, dass es dort Backwaren gibt. Genauso ist es für uns selbstverständlich, dass das neu gekaufte Handy funktioniert, wenn wir es das erste Mal in Betrieb nehmen.
Jeder hat Erwartungen – ausgesprochene und nicht ausgesprochene. Es sind unsere eigenen Vorstellungen, Annahmen und Wünsche darüber, wie etwas sein sollte oder wie eine bestimmte Reaktion ausfallen könnte. Wir haben ein inneres Bild davon, wie wir uns die Sache vorstellen und auch, wie sich andere Menschen uns gegenüber verhalten sollten. Das sind oft unbewusste Ansichten, wie wir die Welt sehen – trotzdem wirken sie.
Die Erwartungen und Überzeugungen, die wir haben, sind eng mit unseren Erfahrungen verknüpft. Es gibt Erwartungen, sowohl an uns selbst, als auch an andere Menschen, die angemessen sind. Beispielsweise die Annahme, dass andere Verkehrsteilnehmer/innen im Straßenverkehr bei Rot anhalten.
Es gibt jedoch auch überzogene Ansprüche. Beispielsweise wenn man erwartet, dass andere Menschen doch wissen müssen, wie es einem geht. Kein Mensch kann Gedanken lesen, das wäre vermessen.
Erwartungen in einer Beziehung
Gewisse Vorstellungen und Erwartungen an sich selbst und den Partner bzw. die Partnerin zu haben, ist natürlich und auch normal. Dennoch können überzogene Ansprüche die Liebe gefährden. Es ist also nicht die Frage, ob wir Erwartungen haben, sondern welche und wie realistisch sie sind.
„Was genau erwarte ich?“ – Auf diese Frage würden einige Menschen antworten: „Wenn du mich liebst, dann spürst du, was ich von dir möchte“ oder „Liebe ist, wenn mein Partner so denkt und fühlt wie ich, und wenn wir einer Meinung sind“. Das ist eine wildromantische Idee, die leider nicht realistisch ist. Dahinter mag der Wunsch nach Harmonie, Verständnis und Mitgefühl stecken, aber jeder Mensch ist anders und hat andere Erfahrungen – und damit verbunden, auch andere Erwartungen. Andersartigkeit hat auch immer etwas Trennendes, das wir in einer Beziehung lernen müssen, auszuhalten. Denn ansonsten würden die Ansprüche an den Partner die Beziehung überfrachten und die Gefühle gehen verloren.
Immer dann, wenn wir unterschiedliche Erwartungen haben, kann die Andersartigkeit der beteiligten Personen zu Enttäuschung führen. Sollte man aus diesem Grund besser keine Erwartungen haben?
Ganz klar: Nein. Denn keine Erwartungen zu haben, ist die schlechteste Lösung.
Erwartungen sind wertvoll, sie geben uns eine Orientierung, insbesondere in Zeiten, in denen wir uns unsicher fühlen. Alles, das vorhersehbar ist und so eintrifft, wie wir es uns vorgestellt haben, beruhigt uns und schafft Sicherheit. Diese Sicherheit macht uns entscheidungs- und handlungsfähig.
Warum Enttäuschung kein Beweis für eine schlechte Beziehung ist
Zwei unterschiedliche Menschen, so gut sie sich auch kennen mögen, können nicht immer alles beim Partner bzw. bei der Partnerin vorhersagen. Wir werden gerade in Beziehung immer mal wieder enttäuscht, weil unser Partner eben nicht zu jeder Zeit unseren Erwartungen entsprechen kann. Der Grund: Menschen verändern sich. Beziehung unterliegt einer permanenten Veränderung. Und diese Veränderung bringt unsere Erwartungen durcheinander.
Je länger ein Paar zusammen ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass einer vom anderen gelegentlich enttäuscht ist – das ist kein Beweis, wie gut oder wie schlecht eine Beziehung ist. Im Gegenteil: Die Qualität einer Beziehung leitet sich nicht aus der Anzahl der Enttäuschungen ab, sondern wie ein Paar mit Enttäuschungen umgeht.
Schaffen wir es, die Andersartigkeit des Partners zu erkennen und zu verstehen? Wollen wir unseren Partner in seiner Meinung überhaupt verstehen? Oder wünschen wir uns insgeheim, er oder sie müsse doch wissen, wie sehr wir uns gerade abgelehnt fühlen? Gestehen wir unserem Partner zu, dass er bzw. sie anders handeln darf, als wir es vielleicht tun würden? Oder werten wir ihn bzw. sie insgeheim ab für diesen „Unsinn“?
Enttäuschung, so sagt es das Wort, ist das Ende der Täuschung. Wenn wir enttäuscht sind, wird uns bewusst, dass wir uns getäuscht haben. Wir erkennen, dass wir eine Vorstellung hatten, die nicht der Realität entspricht, sondern nur ein Wunsch in uns war. Diese Erkenntnis löst oft Gefühle von Schmerz, Traurigkeit, Wut, Frust und Kränkung aus. Aber sie hilft uns auch, einen Realitäts-Check zu machen und unsere Erwartungen genauer zu hinterfragen.
Was darf man vom Partner erwarten und was nicht?
Was sind denn nun realistische Erwartungen? Welche Ansprüche sind berechtigt und welche überzogen? Und müssen alle Wünsche vom Partner immer erfüllt werden?
Zuerst ist wichtig, dass Sie Ihre eigenen Erwartungen überhaupt kennen und ausdrücken können. Denn eine unrealistische Erwartung ist, dass der Partner alle Ihre Bedürfnisse kennen und erfüllen muss – vor allem jene, die Sie selbst nicht einmal als solche formulieren können. Eine Beziehung ist nicht dazu da, dass uns unser Partner glücklich macht und jeden Wunsch von den Augen abliest.
Dagegen kann es eine realistische Erwartung sein, dass wir in einer Partnerschaft respektvoll behandelt und nicht angeschrien werden wollen. Oder auch, dass wir nicht möchten, dass sich jemand über uns lustig macht und unsere Gefühle nicht ernstnimmt.
Grundsätzlich gilt: Jede Erwartung ist legitim, solange wir selbst bereit sind, diese Erwartung auch andersherum zu erfüllen. Wir dürfen von unseren Mitmenschen das erwarten, was wir selbst bereit sind, zu geben.
Als Beispiel: Ist Ihnen Ihr Hobby wichtig und Sie wünschen sich Freiraum für diese Aktivität, werden Sie es Ihrem Partner vermutlich leichter zugestehen, dass er bzw. sie ebenfalls ein Hobby hat, das Zeit in Anspruch nimmt.
Eine andere realistische Erwartung in einer Partnerschaft kann sein, dass man sich bewusst Zeit nimmt als Paar – für gute Gespräche, gemeinsame Unternehmungen und vielleicht auch Intimität.
Je klarer Sie Ihre eigenen Erwartungen kennen und ausdrücken können, desto besser. Denn dann können Sie als Paar miteinander sprechen, welche Erwartungen Sie aneinander haben, sowie welche Sie bzw. Ihr Partner erfüllen möchten und welche nicht.
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Wie geht man damit um, wenn Erwartungen unerfüllt bleiben?
Unerfüllte Erwartungen bringen das Gefühl der Enttäuschung mit sich. Niemand mag das Gefühl enttäuscht zu werden. Zeitgleich ist es aber ein wichtiger Schritt, denn mit der Enttäuschung beginnen wir, wieder realistisch zu werden. Sie ist eine Chance, unsere Vorstellungen zu hinterfragen und zu reflektieren: Gibt es vielleicht noch eine andere Möglichkeit, um glücklich und zufrieden zu werden?
Fragen und Impulse, die Ihnen dabei helfen, mit unerfüllten Erwartungen und Enttäuschungen umzugehen:
- Was fühlen Sie? Wie denken Sie über die Enttäuschung?
- Was können Sie selbst tun, um hier und jetzt von Ihren Gefühlen nicht überwältigt zu werden?
- Was beruhigt Sie und gibt Ihnen Sicherheit? (außer Ihren Partner)
- Welche Themen werden mit der Enttäuschung berührt? Sind Ihnen diese Themen vielleicht schon bekannt? Was ist Ihnen wichtig? Schreiben Sie Ihre Erkenntnisse auf.
- Lassen Sie sich Zeit: Zwischen Reiz und Reaktion liegt immer ein Raum. Bloß, weil man enttäuscht ist, muss man nicht schreien oder den Partner mit Schweigen strafen. Sie entscheiden, wie Sie mit Ihrer Enttäuschung umgehen.
- Welche Konsequenzen bringt diese Enttäuschung für Sie und Ihr Leben mit sich? Was verändert sich dadurch? Was bleibt?
- Wie können Sie für sich sorgen? Was hilft Ihnen, mit dieser Veränderung umzugehen?
- Wie finden Sie das, was Sie an andere erwartet haben, in sich selbst?
Beispiel: „Ich habe von meinem Partner Verständnis erwartet?“ – Wieviel Verständnis haben Sie für sich selbst, Ihre Gedanken und Gefühle? - Möchten Sie Ihre eigenen Erwartungen überdenken?
- Manchmal ist es auch in Ordnung „Nein“ zu sagen. – Sich völlig für den anderen aufzugeben, tut keiner Beziehung auf Dauer gut.
- Sprechen Sie mit Ihrem Partner: Was ist Ihnen wichtig? Was ist Ihrem Partner wichtig? In welchen Themen haben Sie Gemeinsamkeiten? Welche Ansichten unterscheiden sich? Wo können und wollen Sie Kompromisse schließen? Was ist für Sie unverhandelbar?
Herzlichst, Ihre Ulrike Fuchs
Paarberaterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie
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