Hochsensibilität kann Fluch und Segen zugleich sein. Während hochsensible Menschen eine tiefere Wahrnehmung und intensivere Emotionen erleben, sind sie oft auch mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Von der ständigen Reizüberflutung, emotionale Erschöpfung bis hin zu zwischenmenschlichen Herausforderungen wie dem Umgang mit Konflikten oder Kritik – hochsensible Menschen müssen lernen, mit einer Welt zurechtzukommen, die häufig nicht auf ihre Bedürfnisse abgestimmt ist.
In diesem Blogartikel erhalten Sie einen Einblick, mit welchen 5 häufigsten Problemen hochsensible Menschen konfrontiert sind und wie Sie lernen können, diese Sensibilität als Stärke zu nutzen.
Inhaltsverzeichnis
Hochsensibilität: Was genau bedeutet das?
Menschen, die hochsensibel sind (Highly Sensitive Person, kurz: HSP), nehmen ihre Umgebung intensiver wahr als andere Menschen. Sie reagieren stärker auf Sinneseindrücke wie Geräusche, Gerüche, grelles Licht, Berührungen oder emotionale sowie soziale Reize. HPS haben wenig Filter für die Sinneseindrücke, mit denen sie ihre Umwelt wahrnehmen. Sie sind oft empfänglicher für emotionale Stimmungen und subtile Veränderungen in ihrer Umgebung.
Mit ihren feinen Antennen spüren hochsensible Menschen Empfindungen ihrer Mitmenschen bis ins Detail. Diese erhöhte Sensibilität kann sowohl positive als auch herausfordernde Aspekte haben. Denn hochsensible Menschen sind einerseits sehr einfühlsam und empathisch, andererseits vermischen sie leicht die Empfindungen ihrer Mitmenschen mit den eigenen Gefühlen. Das kann sie manchmal etwas launisch wirken lassen, weil es regelmäßig zu Reizüberflutung kommt. Die Grenze, was gefühlsmäßig zu anderen gehört und was zu einem selbst, kann verwischen. Das schafft häufig ein Gefühlschaos bei Menschen mit Hochsensibilität.
Auch eigene Empfindungen wie Hunger, Durst, Schmerzempfinden, Aufregung, Angst oder Wut, aber auch Freude, spüren sie besonders stark. Die Verarbeitung der ganzen Reize, sowohl die eigenen als auch die der Mitmenschen, lässt Hochsensible schnell überfordern. Sie sind leicht ermüdbar und erschöpft, da sie innerlich permanent auf ihre Umwelt reagieren.
Menschenmengen wie in Einkaufpassagen oder einem Besuch beim Oktoberfest meiden HSP. Sie sind im Umgang mit neuen Menschen erst einmal etwas zurückhaltend. Das hat aber wenig mit Schüchternheit oder Introversion zu tun, sondern nur damit, dass hochsensible Menschen einfach etwas Zeit benötigen, um sich auf neue Situationen einzustellen.
Menschen mit Hochsensibilität können besonders in kreativen Berufen und sozialen Bereichen sehr erfolgreich sein, während sie in hektischen oder stark stimulierenden Umgebungen schneller überfordert reagieren können.
Hochsensibilität ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das etwa 15-20 % der Bevölkerung betrifft. Obwohl es ein verbreitetes Missverständnis ist, dass Hochsensibilität vor allem Frauen betrifft, sind Männer genauso oft hochsensibel. Die Forschung zeigt, dass etwa 50 % der HSP Männer sind und die anderen 50 % Frauen. Allerdings kann es sein, dass Männer ihre Hochsensibilität seltener zeigen oder anders mit ihr umgehen, da in vielen Kulturen von Männern noch immer erwartet wird, dass sie emotional robuster oder weniger empfindsam sind.
Hochsensibilität: Vor- und Nachteile im Überblick
Hochsensible Menschen nehmen Feinheiten in ihrer Umgebung sehr detailliert wahr. Dies kann ein intensiveres Erleben von Kunst, Musik oder Natur umfassen, aber auch auf Beziehungen wirken wie Partnerschaft oder unter Kollegen.
Daraus ergeben sich folgende Vor- und Nachteile von Hochsensibilität:
5 typische Probleme hochsensibler Menschen
Hochsensibilität kann eine Gabe sein, die es ermöglicht, die Welt intensiv und tiefgründig wahrzunehmen. HSP sind sehr einfühlsam und mitfühlend. Das macht sie oft zu Personen, denen man sich gerne anvertraut. Doch genau darin liegt auch die Herausforderung, denn hochsensible Menschen kämpfen im Alltag oft mit der Überforderung, die vielen Eindrücke zu verarbeiten und sich auch mal abzugrenzen. Nicht jeder Smalltalk soll ja gleich zum Deep-Talk werden, vor allem, wenn man die andere Person kaum kennt oder vielleicht auch gar nicht näher kennenlernen möchte.
Im Folgenden werden 5 typische Probleme beleuchtet, mit denen hochsensible Personen häufig konfrontiert sind – und wie sie damit umgehen können.
1. Problem von HSP: Reizüberflutung
Reizüberflutung ist ein typisches Problem hochsensibler Menschen, weil ihr Nervensystem etwas anders arbeitet. Wo nicht-hochsensible Menschen vielleicht einen Hintergrundlärm ausblenden können, nehmen hochsensible Menschen jedes Detail wahr. Dasselbe gilt für Gerüche, visuelle Veränderungen wie grelle Lichtquellen oder bunte Farben, große Menschenansammlungen oder die Stimmung ihrer Mitmenschen – alles ist intensiv, wenn man hochsensibel ist, und kann schnell zu Reizüberflutung führen.
Diese verstärkte Wahrnehmung ist auf eine erhöhte Verarbeitungstiefe im Gehirn zurückzuführen. Dadurch werden viel mehr Informationen wahrgenommen und diese müssen irgendwann auch verarbeitet werden. Wenn sich Menschen mit Hochsensibilität nicht genügend Zeit nehmen, diese erlebten Sinneseindrücke zu verarbeiten, kann es schnell zu einer Reizüberflutung kommen. Die Fülle an verschiedenen Reizen kann nämlich schnell überwältigend werden. Das führt schneller zu Stress und Überforderung.
Aber nicht nur die Wahrnehmung ist feinfühliger bei HSP, sondern sie denken auch länger und intensiver über die erlebten Eindrücke nach. Sie nehmen sich zwischenmenschliche Konflikte viel stärker zu Herzen. Diese tiefere Verarbeitung kann zu Overthinking führen, da das Gehirn ständig auf Hochtouren arbeitet. Die emotionale Verarbeitung kann zusätzliche Belastung verursachen, was die Überforderung noch verstärkt und bis zur Erschöpfung führen kann.
Beispiel für Reizüberflutung aufgrund von Hochsensibilität
Große Menschenmengen wie beispielsweise bei einem Einkauf am Samstagnachmittag können hochsensible Menschen schnell überfordern. Es sind zu viele Sinneseindrücke, die da auf einen einprasseln: Geräusche, Gerüche, Stimmengewirr, die Stimmungslagen aller anwesenden Menschen, grelles Licht – all diese Eindrücke müssen verarbeitet werden. Was schon für nicht-hochsensible Menschen Stress ist, bedeutet für hochsensible Menschen Hochleistung.
Tipp für HSP bei Reizüberflutung
Für das Beispiel: Eine Möglichkeit ist, dass Sie zu anderen Zeiten einkaufen gehen, wenn es ruhiger ist. Falls es aber nicht anders möglich ist, dann planen Sie unbedingt im Anschluss Zeit für sich ein, damit Sie etwas abschalten können.
Allgemein: Hochsensible Menschen haben Schwierigkeiten bei der Reizfilterung. Lassen Sie sich daher immer etwas Zeit, um sich an neue Reize langsam zu gewöhnen. Beispielsweise wenn Sie an einem neuen Ort sind, nehmen Sie sich die Zeit, erst einmal in Ruhe umherzuschauen und alles in Ihrem Geiste zu sortieren.
Das gilt auch, wenn Sie auf einer Party eingeladen sind – ja, es ist höflich, allen „Hallo“ zu sagen, aber das muss nicht zwingend sofort sein und auch nicht jeden einzeln. Ein „Hallo“ in die Runde reicht für den Anfang, denn im Laufe des Abends ist noch genügend Zeit für Gespräche.
Wichtig ist in jedem Falle, dass Sie sich nach einem Erlebnis mit vielen Sinneseindrücken genügend Ruhe und Zeit gönnen, um Reize zu verarbeiten und wieder zu entspannen.
2. Problem von HSP: Tiefe emotionale Reaktionen
Hochsensible Menschen erleben Gefühle oft intensiver und tiefer als andere. Dies kann einerseits zu einem reichhaltigen und lebendigen Empfinden führen, andererseits aber auch überwältigend sein. Tiefe Emotionen bedeuten für Menschen mit Hochsensibilität, dass sie sowohl positive als auch negative Gefühle stark empfinden. Freude kann ekstatisch sein, Trauer oder Angst jedoch ebenso intensiv.
Das ständige Erleben intensiver Gefühle kann schnell zur Erschöpfung führen. Außerdem neigen hochsensible Menschen dazu, die Gefühle anderer stark zu übernehmen, was zusätzliche emotionale Belastung verursacht. Auch hier kann das positiv wie negativ sein, denn sie können sich mit ihren Mitmenschen genauso mitfreuen (oder manchmal sogar noch mehr), genauso wie sie mitleiden, wenn es einem geliebten Menschen nicht gut geht.
Ebenso kann es passieren, dass hochsensible Menschen gesagte Worte von anderen überinterpretieren oder missverstehen. Das verletzt Menschen mit Hochsensibilität oft noch zusätzlich, ohne jede Absicht aller Beteiligten.
Last, but not least: Hochsensible Menschen bevorzugen oft tiefgründige und bedeutungsvolle Gespräche. Small Talk und oberflächliche Interaktionen können für sie ermüdend oder uninteressant sein.
Zwei Beispiele für tiefe emotionale Reaktionen
Menschen mit Hochsensibilität erleben oft tiefe emotionale Reaktionen in alltäglichen Situationen. Ein Beispiel könnte sein, wenn eine HSP in einem Film eine berührende Szene sieht, die andere zwar als bewegend, aber nicht überwältigend empfinden. Hochsensible Menschen können dagegen intensive Trauer oder Mitgefühl empfinden und tief betroffen sein, weil sie die Emotionen der Charaktere intensiv miterleben.
Ein anderes Beispiel könnte eine scheinbar harmlose Bemerkung von einem Freund sein. Während andere dies als beiläufig betrachten, können Menschen mit Hochsensibilität diese Bemerkung als sehr persönlich empfinden und sich lange damit beschäftigen, was genau damit gemeint war, und dabei starke Gefühle von Verletztheit oder Verunsicherung entwickeln.
Solche tiefen emotionalen Reaktionen sind charakteristisch für hochsensible Menschen, da sie Reize und Emotionen intensiver wahrnehmen und verarbeiten.
Tipps für HSP und intensive Emotionen
Wenn Sie bereits einen Tag hinter sich gebracht haben, der sehr anstrengend war, können Sie, statt einem Film zu schauen, vielleicht ein Buch lesen. Das kann zwar auch emotional sein, aber Sie können auch nur zwei oder drei Seiten lesen und zwischendurch eine Pause machen. Oder Sie gehen eine Runde spazieren, setzen sich auf eine Bank und lassen Ihren Blick ins Grüne schweifen.
Nach emotional belastenden Situationen benötigen Menschen mit Hochsensibilität häufig mehr Zeit zur Erholung, da ihre emotionale Verarbeitung länger dauert.
Falls ein Freund eine scheinbar harmlose Bemerkung gemacht hat, über die Sie länger grübeln müssen, können Sie diesen Freund darauf ansprechen. Ein offenes Gespräch, wie diese Bemerkung gemeint war, gibt Ihnen beiden die Chance zur Klärung.
3. Problem von HSP: Überforderung in Konfliktsituationen
Hochsensible Menschen erleben Konflikte oft als besonders stressig, da sie nicht nur ihre eigenen starken Emotionen bewältigen müssen, sondern auch die intensiven Reaktionen ihres Gegenübers. Sie spüren den emotionalen Druck so intensiv, dass sie sich zurückziehen oder weinen, selbst wenn der Konflikt oder Streit an sich nicht besonders hitzig ist.
Nach einem Streit kann es für Menschen mit Hochsensibilität sehr schwierig sein, die Situation loszulassen. Sie können sich noch lange Zeit emotional und gedanklich damit beschäftigen und darunter leiden, selbst wenn der Konflikt bereits gelöst ist.
Die starke Empathie von Menschen mit Hochsensibilität kann dazu führen, dass sie die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen stellen. Dies kann im sozialen Miteinander zu Erschöpfung oder dem Gefühl führen, ausgenutzt zu werden. Die feinen Antennen von HSP, lassen sie spüren, welche Erwartungen andere Menschen haben. Menschen mit Hochsensibilität wollen es anderen immer recht machen und haben Probleme, „Nein“ zu sagen. Sie wollen andere Menschen nicht zurückweisen. Dadurch fällt es ihnen aber auch schwer, sich abzugrenzen.
Dahinter steckt im Grunde die Angst vor Ablehnung, denn alles „richtig“ machen zu wollen ist nur ein Versuch, perfekt, und damit unverwundbar zu sein. Die Angst vor Kritik oder Ablehnung kann dazu führen, dass sie soziale Situationen, und damit mögliche Konflikte, versuchen zu vermeiden oder sich stark selbstkritisch verhalten. Der soziale Rückzug kann von anderen als Unhöflichkeit oder Desinteresse missverstanden werden, was wieder zu Konflikten führen kann.
Beispiel für Überforderung in einer Konfliktsituation mit HSP
Annalena ist hochsensibel und ist mit ihrer Freundin Sophia verabredet. Als sie sich treffen, merkt Sophia an, dass Annalena in letzter Zeit wenig Zeit für ihre Freundschaft hatte und eher distanziert wirkt. Sie äußert dies in einem besorgten Ton, aber Annalena empfindet Sophias Worte als Vorwurf. Sie beginnt, sich schuldig und missverstanden zu fühlen.
Sophia fährt fort, ihre Frustration darüber auszudrücken, dass Annalena scheinbar weniger an gemeinsamen Aktivitäten teilnimmt. Annalena fühlt sich sofort emotional überfordert, da sie Sophias Enttäuschung sehr intensiv spürt. Obwohl der Streit aus Sophias Sicht ruhig und sachlich verläuft, empfindet Annalena die Situation als emotional belastend. Sie beginnt zu grübeln, und sie fragt sich, ob sie eine schlechte Freundin sei.
Annalena versucht, ihre Gefühle zu erklären, wird jedoch schnell von ihren eigenen Emotionen überwältigt. Sie spürt Tränen aufsteigen und wird von dem Bedürfnis übermannt, sich aus der Situation zurückzuziehen. Ihre Stimme zittert, und sie beginnt zu weinen, was sie selbst als unangemessen empfindet. Der emotionale Druck, sowohl Sophias Enttäuschung als auch ihre eigene Überforderung zu bewältigen, führt dazu, dass Annalena sich von dem Gespräch distanziert.
Nachdem sie das Treffen abgebrochen hat, kann Annalena den Streit nicht loslassen. Sogar Tage später denkt sie immer noch darüber nach, was sie hätte anders sagen oder tun können. Sie grübelt darüber, ob sie Sophias Erwartungen besser hätte erfüllen sollen, und fühlt sich erschöpft und traurig. Selbst nachdem Sophia ihr versichert hat, dass alles in Ordnung ist, bleibt Annalena emotional angespannt und empfindet die Situation als belastend.
Tipps im Umgang mit Konfliktsituationen oder Kritik
Mal eine Pause einlegen: Sie können in Konfliktsituationen oder einem Streit Ihrem Gegenüber mitteilen, dass Sie eine kurze Pause brauchen, um Ihre Emotionen zu sammeln. Ein kurzer Moment der Ruhe kann helfen, die emotionale Überforderung abzubauen und das Gespräch auf einer klareren Basis fortzusetzen. In dieser Pause können Atemübungen helfen, um sich zu beruhigen und die Kontrolle über die eigenen Gefühle zurückzugewinnen.
Sobald sich die Emotionen beruhigt haben, können Sie das Gespräch in einer ruhigeren Atmosphäre fortsetzen, um Missverständnisse zu klären und sicherzustellen, dass sich alle Beteiligten gehört und verstanden fühlen.
Gefühle ansprechen & Klarheit schaffen: Sie sollten versuchen, ehrlich mit sich und Ihren Mitmenschen zu sein. Sie könnten beispielsweise sagen: „Ich fühle mich gerade sehr überwältigt und brauche einen Moment, um meine Gedanken zu ordnen.“
Eigene Bedürfnisse wahren & Grenzen setzen: Lernen Sie, Ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu wahren. Teilen Sie Ihrem Gegenüber mit, dass Sie manchmal vielleicht etwas mehr Zeit als andere benötigen, um über Situationen nachzudenken, bevor Sie darauf reagieren können.
Lassen Sie sich nach einem Streit oder einer Auseinandersetzung Zeit, das Geschehene zu reflektieren, ohne sofort nach einer Lösung zu suchen. Dies könnte auch beinhalten, dass Sie einer Aktivität nachgehen, die Ihnen dabei hilft, wieder ins Gleichgewicht zu kommen wie beispielsweise ein Spaziergang oder eine Meditation.
Konfliktprävention: Sie könnten sich miteinander darauf einigen, in Zukunft klarere Absprachen zu treffen oder mögliche Missverständnisse früher anzusprechen, bevor diese sich zu einem größeren Konflikt entwickeln.
4. Problem von HSP: Perfektionismus und Selbstkritik
HSP nehmen subtile Details und Nuancen in ihrer Umgebung stärker wahr als andere. Diese Fähigkeit führt oft dazu, dass sie auch bei sich selbst kleinste Fehler und Unvollkommenheiten bemerken. Das Bedürfnis, diese wahrgenommenen „Fehler“ zu korrigieren, kann sich in einem starken Perfektionismus äußern.
Hochsensible Menschen neigen dazu, Informationen intensiver und gründlicher zu verarbeiten. Dadurch denken sie über mögliche Konsequenzen und Szenarien oft länger nach, was zu einer intensiven Selbstreflexion führt. Diese Reflexion kann sich in Form von Selbstkritik äußern, insbesondere wenn sie glauben, nicht alle möglichen Optionen oder Ergebnisse ausreichend berücksichtigt zu haben.
Menschen mit einer ausgeprägten Feinfühligkeit haben oft sehr hohe Ansprüche an sich selbst. Sie streben danach, ihre eigenen Erwartungen zu erfüllen, die meist weit über denen anderer liegen. Dieser innere Drang, den eigenen hohen Standards gerecht zu werden, fördert Perfektionismus und kann zu ständiger Selbstkritik führen, wenn diese Standards nicht erreicht werden.
Zudem reagieren hochsensible Menschen oft stark auf Kritik. Diese Empfindsamkeit kann dazu führen, dass sie versuchen, jede Art von Kritik versuchen zu vermeiden, indem sie an sich selbst noch höhere Anforderungen stellen. Selbstkritik wird in diesem Zusammenhang zu einem Mittel, um sich gegen weitere Kritik von außen zu wappnen, indem sie sich selbst noch strenger beurteilen.
Beispiel für Perfektionismus und Selbstkritik von HSP
Paul ist hochsensibel und arbeitet in einem Marketing-Team. Er wurde beauftragt, eine Präsentation für ein wichtiges Meeting mit einem neuen Kunden vorzubereiten. Paul ist sich seiner Fähigkeiten bewusst und weiß, dass seine Ideen wertvoll sind. Gleichzeitig ist er aber auch sehr sensibel für die Meinungen und Reaktionen seiner Kollegen und Vorgesetzten.
Paul verbringt viele Stunden damit, jede Folie seiner Präsentation bis ins kleinste Detail auszuarbeiten. Er überprüft mehrmals die Rechtschreibung, sucht die besten Grafiken und überlegt sich die perfekte Formulierung für jeden Satz. Obwohl die Präsentation bereits gut strukturiert und informativ ist, ist Paul unzufrieden. Er hat das Gefühl, dass noch kleine Verbesserungen möglich sind, und arbeitet bis spät in die Nacht, um sicherzustellen, dass alles absolut perfekt ist.
Als Paul die Präsentation schließlich im Meeting vorträgt, läuft alles reibungslos. Doch danach kann er sich nicht entspannen. Statt sich über das positive Feedback seiner Kollegen zu freuen, konzentriert er sich auf die wenigen kleinen Patzer, die er gemacht hat – eine Grafik, die seiner Meinung nach nicht optimal platziert war, und einen Moment, in dem er kurz überlegen musste. Obwohl diese Fehler niemandem aufgefallen sind, denkt Paul den ganzen Tag darüber nach und kritisiert sich selbst dafür, nicht noch mehr Zeit in die Vorbereitung investiert zu haben.
Pauls Perfektionismus führte dazu, dass er übermäßig viel Zeit und Energie in die Vorbereitung investierte, was zu Stress und Erschöpfung führte. Seine Selbstkritik nach der Präsentation sorgte dafür, dass er sich selbst abwertete und seine Erfolge nicht genießen konnte. Diese negative Spirale verstärkt das Gefühl, dass er beim nächsten Mal noch mehr tun sollte, um Fehler zu vermeiden, was den Perfektionismus weiter antreibt.
Tipps, um mit Perfektionismus und Selbstkritik besser umzugehen
Setzen Sie sich realistische Ziele. Anstatt nach Perfektion zu streben, können Sie sich beispielsweise das Ziel setzen, die Präsentation informativ und verständlich zu gestalten, ohne sich in Details zu verlieren. Definieren Sie für sich, welche drei Hauptpunkte Sie in der Präsentation vermitteln möchten. Dies wird Ihnen helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Legen Sie feste Zeiten für Arbeitszeit sowie regelmäßige Pausen ein, um Überarbeitung zu vermeiden. Die Pomodoro-Technik ist eine beliebte Zeitmanagement-Methode, um den Fokus zu verbessern – das heißt: 25 Minuten konzentriertes Arbeiten, gefolgt von einer 5-minütigen Pause.
Lernen Sie, positives Feedback bewusst wahrzunehmen und zu akzeptieren, ohne sich auf vermeintliche Fehler zu fokussieren. Sie könnten sich nach dem Meeting die positiven Rückmeldungen der anderen aufschreiben und sich immer wieder durchlesen, um Ihr Selbstvertrauen zu stärken.
Anstatt sich zu kritisieren, beginnen Sie Fehler als Gelegenheiten zur Verbesserung zu sehen. Reflektieren Sie: Was lief gut? Was möchten Sie beim nächsten Mal anders machen.
Fragen Sie sich: „Was kann ich daraus lernen?“ anstatt „Was habe ich falsch gemacht?“.
Sie können sich auch mit einem vertrauenswürdigen Kollegen austauschen, um Ihre Arbeit zu besprechen und eine objektive Einschätzung zu erhalten. Eine zweite Meinung vorab kann helfen, entspannter zu werden.
Zudem ist es enorm wichtig, dass Sie mit sich selbst Mitgefühl entwickeln. Begegnen Sie sich selbst mit einem inneren Lächeln und etwas mehr Verständnis, besonders in stressigen Situationen. Das ist der Grund, warum sich viele hochsensible Menschen an mich wenden – um in der Beratung herauszufinden, wie man mit Perfektionismus und Selbstkritik besser umgehen kann, um mehr Zufriedenheit und Lebensfreude zu gewinnen.
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5. Problem von HSP: Schwierigkeiten im Umgang mit Veränderungen
Hochsensible Menschen können Veränderungen als besonders stressig empfinden, da sie eine tiefere Verarbeitung und Anpassung an neue Situationen erfordern. Jede Veränderung – sei es im beruflichen, sozialen oder persönlichen Bereich – wird tiefgehend von HSP reflektiert. Sich auf neue Situationen einzustellen, braucht daher Zeit.
Außerdem bringt jede Veränderung oft Unsicherheiten mit sich und hochsensible Menschen können diese Unsicherheiten als besonders belastend empfinden. Sie neigen dazu, über mögliche negative Szenarien und unbekannte Faktoren nachzudenken, was zu erhöhter Angst und Stress führen kann. Hochsensible Menschen haben ein starkes Bedürfnis nach Stabilität und Vorhersehbarkeit in ihrem Umfeld.
Beispiel für Veränderungen, mit denen HSP Schwierigkeiten haben
Ein Umzug oder Jobwechsel kann für HSP überwältigend sein und viel mehr Zeit und Energie zur Anpassung erfordern als für andere Menschen.
Bei einem Umzug kann es zur Reizüberflutung durch die neue Umgebung kommen. Neue Einkaufsmöglichkeiten müssen gefunden werden, alles ist anders. Schon der Prozess des Einrichtens in der neuen Wohnung kann mehr Zeit und Energie erfordern. Es dauert Zeit, bis hochsensible Menschen sich wieder heimisch an dem neuen Wohnort fühlen können. Bei einem Umzug in eine neue Stadt, kommt dann noch dazu, dass man neue soziale Kontakte knüpfen, neue Nachbarn oder Kollegen kennenlernen muss. Hier kommen die oben genannten Punkte zum Tragen.
Bei einem Jobwechsel braucht es eine Anpassung an neue Arbeitsstrukturen und zwischenmenschliche Dynamiken. HSP benötigen oft mehr Zeit, um sich an neue Arbeitsabläufe und -strukturen zu gewöhnen. Das Erlernen neuer Software, neues Fachwissen, neue Raumaufteilung im Büro, das Verstehen neuer Prozesse oder die Anpassung an ein anderes Tempo, kann besonders anstrengend sein. Man muss den Arbeitsstil der Kollegen, die Büroatmosphäre und die Erwartungen der Vorgesetzten erst kennenlernen. Diese ständige Aufnahme und Verarbeitung neuer Informationen, kann zu schnellerer Erschöpfung führen.
Insgesamt benötigen hochsensible Menschen oft mehr Zeit und Strategien zur Selbstfürsorge, um sich an die neuen Bedingungen anzupassen, die mit Veränderungen wie einem Umzug oder Jobwechsel verbunden sind.
Tipps im Umgang mit Veränderungen
Trotz der Schwierigkeiten gibt es Strategien, die hochsensiblen Menschen helfen können, besser mit Veränderungen umzugehen:
Anstatt sich abrupt in eine neue Situation zu stürzen, kann es hilfreich sein, die Veränderung schrittweise anzugehen. Kleine, kontrollierbare Schritte helfen dabei, das Gefühl der Kontrolle zu behalten. Wenn möglich, behalten Sie Routinen bei, wie beispielsweise Ihr bewährtes Morgenritual, auch wenn Sie einen neuen Job haben. Bei einem Umzug können Freunde und Familie eine Unterstützung sein, um schneller in neue Gewohnheiten zu gelangen.
Reduzieren Sie unnötigen Stress, indem Sie regelmäßige Pausen einlegen, sich entspannen und ausreichend schlafen. Sie sollten lernen, Ihre eigenen Grenzen zu erkennen und zu respektieren, insbesondere in Zeiten des Wandels. Es ist in Ordnung, sich Zeit zu nehmen, um sich an Veränderungen anzupassen.
Der Austausch mit vertrauten Personen, die Verständnis für Ihre Empfindsamkeit haben, kann beruhigend wirken und das Gefühl der Isolation verringern.
Fazit: Hochsensibilität erkennen und besser damit umgehen
Hochsensible Menschen stehen vor einzigartigen Herausforderungen, die jedoch mit den richtigen Strategien und Unterstützung bewältigt werden können. Indem Sie Ihre Bedürfnisse erkennen und respektieren, können Sie lernen, Ihre Feinfühligkeit als Stärke zu nutzen und ein erfülltes Leben zu führen.
Haben Sie Fragen zum Thema Hochsensibilität und wünschen Sie sich eine individuelle Beratung, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf.
Herzlichst, Ihre Ulrike Fuchs
Paarberaterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie
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