Im Alltag haben wir oft viele Aufgaben zu erledigen. Damit auch das Zusammenleben als Paar oder Familie klappt, werden die anstehenden Aufgaben verteilt. Aber was ist es mit den vielen „unsichtbaren Erledigungen“, den Dingen, die man im Kopf behalten muss und die zu Mental Load führen können?
Mental Load: Was ist das? Wie wirkt die Dauerbelastung auf Betroffene und ihr Umfeld? Sind Symptome von Mental Load mit denen eines Burnouts vergleichbar? Weshalb trifft besonders Frauen das gesteigerte Verantwortungsbewusstsein? Mit drei wichtigen Schritte lässt sich eine Überlastung reduzieren.
Inhaltsverzeichnis
Definition: Was ist Mental Load?
Mental Load – das ist die Denkarbeit, die wir leisten, um alles im Kopf zu behalten und sich darum zu kümmern. Die Gedanken kreisen permanent um die Dinge, die noch zu erledigen sind.
Menschen, die unter Mental Load leiden, reflektieren, wägen ab, entscheiden und kümmern sich um die anstehenden Aufgaben. Diese meist „unsichtbare Arbeiten“ sind oft „nicht der Rede wert“ und werden „nebenher“ geplant bzw. erledigt. Betroffene von Mental Load fühlen sich als Ansprechpartner für alles und jeden. Das stresst geistig und emotional. Die Folge: emotionale Erschöpfung.
Dagegen fühlt sich das Umfeld von Menschen, die unter Mental Load leiden, oftmals wie eine Art „Befehlsempfänger“. Sie haben den Eindruck, dass sie nur ausführen, was man ihnen sagt. Meist hört man von ihnen Sätze wie: „Das hättest du mir sagen müssen“, „Das hätte ich schon noch gemacht“ oder „Oh, das habe ich vergessen.“ Stressig wird es für sie erst, wenn die „Kümmerer“ ständig nachfragen, ob der Müll schon runtergebracht ist.
Es herrscht oft ein Klima, bei dem einer meckert (meist der „Kümmerer“ bzw. „Dran-Denker“) und der andere auf Durchzug schaltet. Dauernörgeln und Ignorieren bringt leider auch nicht mehr als eine Menge Frustration und Genervtsein – auf beiden Seiten.
Die drei wichtigsten Merkmale eines Mental Load:
- Menschen, die unter Mental Load leiden, haben oft sichtbare und unsichtbare Aufgaben im Kopf, die noch zu erfüllen sind. Diese entsprechen oft nicht den eigenen Zielen, sondern sind meist unterstützend für andere.
- Es herrscht ein Ungleichgewicht zwischen „Dran-Denker“ und „Befehlsempfänger“, denn die Verantwortung für diese Aufgaben liegt bei einer Person. Deutlich wird diese Schieflage bei dem Wort „mithelfen“: Bei wem liegt die Verantwortung, wenn man „nur“ mithilft? Wer muss dann daran denken, die Aufgabe zu erledigen?
- Wer an alles denkt und im Blick behält, erfährt wenig Anerkennung. Es gibt kein Gehalt als Ausgleich für den Job und nur allzu selten ein „Dankeschön“.
Mental Load: Beispiele für unsichtbare Aufgaben
Mental Load sind also nicht die einzelnen Aufgaben, die getan werden müssen, sondern die Dinge, die man im Kopf behalten muss. Es sind Planungsprozesse, die vor, während und nach der eigentlichen Aufgabe oder dem Event stattfinden, zum Beispiel:
- Termine der Kinder regelmäßig aufeinander abstimmen, zum Beispiel: „Paula hat heute schon um 11 Uhr Schulschluss. Wer holt sie ab?“ oder „Leon muss später noch zum Musikunterricht gefahren werden. Wer übernimmt das?“
- „Der Kuchen für den Kindergeburtstag muss noch gebacken werden – ohne Ei, Butter und Milch sowie zuckerfrei – ist eigentlich Honig Ordnung?“
- „Gibt es schon ein Geschenk für Tante Lisa? Wenn nein, wer kümmert sich darum?“
- „Wann haben wir als Familie Zeit für einen Familienausflug? Wohin fahren wir? Was unternehmen wir? Wer kommt mit? Was gefällt allen?“
- „Gibt es Termine, die sich mit denen anderer Familienmitglieder überschneiden? Wenn ja, wie geht man damit um? Wer muss Kompromisse machen?“
- „Wer plant für die Woche Mahlzeiten? Wer isst gern was? Wer kauft ein? Wie bringt man die unterschiedlichen Geschmäcker zusammen, ohne dass es immer das Gleiche gibt? Das Essen sollte gesund sein und zudem auch noch schmecken.“
- „Müssen die Kinder noch Hausaufgaben zu machen? Wenn ja, welche?“
- „Wer geht mit dem Hund raus?“
- …
Wie reagieren der Partner und die Familie auf Mental Load?
Partner und Familie von Menschen, die unter Mental Load leiden, reagieren unterschiedlich: Mal genervt, mal schalten sie auf Durchzug, ignorieren, beschwichtigen, verharmlosen das Problem oder rechtfertigen sich.
Eines ist ähnlich: Der Partner oder die Familie von Menschen, die unter Mental Load leiden, schieben oft die eigene Verantwortung von sich, was das Problem oft verschlimmert. Hier einige Beispiele:
- „Du musst dich mal wieder entspannen.“
- „Du musst dein Mindset ändern.“
- „Ich hätte es schon gemacht, aber du warst schneller.“
- „Ich habe es vergessen.“
- „Ich wusste nicht, dass dir das so wichtig ist. Hättest du mal etwas gesagt.“
- „Wieso bist du gleich so gereizt?“
Ursache und Risiko: Ist Mental Load das neue „Frauen-Burnout“?
Interessant ist, dass man den meisten Frauen nicht erklären muss, was Mental Load ist. Viele Frauen (vor allem Mütter) verstehen, was gemeint ist, wenn man sagt, dass man ständig eine Liste im Kopf abarbeitet, selbst wenn man auf der Couch sitzt und scheinbar nichts tut. Von außen sieht man nur jemanden auf dem Sofa sitzen und könnte denken: „Sieht doch entspannt aus. Ist doch nicht so schlimm.“
Besonders Frauen schaffen es aber nicht, abzuschalten. Die Symptome sind ähnlich wie bei einem Burnout: innere Unruhe, Gedankenkarussell bzw. Overthinking, Schlafprobleme, Gereiztheit im Wechsel mit dem Gefühl der inneren Leere. Mental Load betrifft nur selten Manager, sondern überwiegend Frauen. Ist Mental Load dann das neue „Frauen-Burnout“? Und warum sind besonders Frauen von mentaler Erschöpfung betroffen?
Im Grunde ist das Phänomen nicht neu: Wer um die Jahrtausendwende Werbung gesehen hat, erinnert sich vielleicht noch an die Werbung, in der die von Mental Load betroffene Frau auf die Frage, was sie beruflich tut, antwortet: „Ich leite ein erfolgreiches, kleines Familienunternehmen.“
Wenn einer arbeitet und der andere sich um die Kinder kümmert
Mental Load kommt unabhängig vom Geschlecht vor. Auch ist es kein Phänomen, das nur heterosexuelle Paarbeziehungen betrifft. Man kann jedoch beobachten, dass in homosexuellen Partnerschaften weniger häufig „alte Rollenbilder“ zu beobachten sind, hier scheint mehr Gleichberechtigung untereinander zu herrschen. Kommen aber in eine homosexuelle Beziehung Kinder dazu, kippt auch hier das Gleichgewicht, denn sowohl in hetero- als auch homosexuellen Beziehungen geht meist eine/r arbeiten und versorgt die Familie finanziell und der/die andere kümmert sich mehr um den Haushalt und die Kinder. Der Unterschied besteht darin, dass die Betreuung der Kinder nicht nach 40 Stunden beendet ist: Eltern leisten Nachtschichten und Wochenenddienste, natürlich ohne Feiertagszuschläge. Menschen, die unter Mental Load leiden, fühlen sich oftmals alleingelassen.
Was früher normal war, hat sich nun aber insofern geändert, dass Frauen heute ähnlich gleichwertige Ausbildungen und Werdegänge haben wie Männer. Deshalb empfinden viele Frauen es als Ungleichgewicht, dass sie sich um Haushalt und Kinder kümmern sollen, wo sie doch selbst auch arbeiten gehen (könnten), um das Geld nach Hause zu bringen. Die Ungleichverteilung von Sorgearbeit schafft eine Menge Frustration. Unzufriedenheit und stiller Groll wachsen in den Betroffenen: „Wer sagt denn, dass ich in meinem Beruf nicht erfolgreich sein möchte. Ich war gut in meinem Job und wollte Karriere machen, bevor die Kinder kamen“, gestand mir eine Klientin.
Alles eine Frage der Erziehung?
Unsere Erziehung prägt unser Verhalten, manchmal mehr, als uns lieb ist. Meist übernehmen wir, natürlich unbewusst, nur die Muster, die wir bereits von unseren Eltern erlernt haben. Um diese Muster aber zu verändern, müssen sie uns erst einmal bewusst werden.
Wer Mental Load besser verstehen möchte, muss sich näher anschauen, was er bzw. sie selbst für eine Erziehung genossen hat: Wie war das früher bei uns zu Hause? Welche Person hat sich um was gekümmert? Wer war für was zuständig und verantwortlich? Welches Familienmitglied hat den Haushalt gemacht? Wer hat sich um die Kinder gekümmert?
Erinnern und erklären braucht die gleiche Zeit wie das „Gleich-selbst-Erledigen“
Wer Mental Load kennt, weiß, wie viele Alltagskleinigkeiten einem im Kopf herumschwirren: Die Kinder müssen abgeholt werden, bei dieser Gelegenheit kann man noch die neue Mütze für das jüngste kaufen und ein paar Äpfel – das liegt ja alles auf dem Weg und kann quasi im Vorbeigehen miterledigt werden.
Dem Partner diese einzelnen Schritte zu erklären, erfordert Zeit – wie genau sind die Abholzeiten, was genau muss noch gekauft werden und warum sollten die Äpfel ausgerechnet auf dem Viktualienmarkt und nicht beim Supermarkt um die Ecke gekauft werden? Auch den anderen ständig erinnern zu müssen („Schatz, du wolltest doch deine Hosen wegräumen.“), nervt und kostet zusätzlich Energie. Da macht man es lieber schnell selbst. Das Problem ist nur, dass die vielen kleinen Dinge, die für sich genommen fix erledigt sind, sich über den Tag summieren.
Mental Load durch eigene hohe Ansprüche und Perfektionismus
Perfektionismus erzeugt Stress. Das hohe Qualitätsbewusstsein belastet die Beziehung und wird immer mehr in einen engen Zusammenhang von Burnout gebracht. Es ist das Streben nach „mehr“ – es ist solange gesund, menschlich und natürlich, solange es der eigenen Weiterentwicklung dient, also: „Wie kann ich lernen, wachsen und weiterkommen?“
Wenn man sich Mental Load genauer ansieht, geht es im Kern immer darum, was andere über einen denken könnten oder wie sie einen sogar bewerten für etwas: „Ach was, deine Kinder essen kein Obst? Meine Kinder essen alle regelmäßig Äpfel. Dann musst du sie ihnen eben zubereiten.“ Sind sie gezwungen, Nein zu sagen, löst bei Menschen mit Mental Load häufig Schuldgefühle aus.
Wichtig: Oft sind es vor allem eigene Gedanken oder Ängste. Das soziale Umfeld denkt selten so streng über uns wie perfektionistische Menschen über sich selbst denken. Es sind Glaubenssätze, die das Selbstwertgefühl empfindlich verletzen. Aus Angst, nicht zu genügen, machen Menschen mit Mental Load genau das Gegenteil von dem, was ihnen helfen würde – sie erhöhen ihre Ansprüche weiter, anstatt sich wieder mehr auf sich und ihre eigenen Bedürfnisse zu konzentrieren.
Kontrollsucht: „Ohne mich läuft nichts!“
Wir haben alle – mehr oder weniger – das Bedürfnis nach Selbstwirksamkeit und Einflussnahme. Mit Mental Load glaubt man allerdings, man müsse alles kontrollieren und nachprüfen. Es muss immer perfekt und „richtig“ sein. Fehler sind unverzeihlich. Aber alles unter Kontrolle haben zu wollen, stresst enorm und grenzt an Selbstüberschätzung. Wir sind nicht unentbehrlich. Und es liegt auch nicht immer alles in unserer Hand.
Das starke Bedürfnis nach Kontrolle und Einflussnahme kann man auch als Ergebnis aus der großen Last der Verantwortung sehen, dem daraus resultierenden Druck und dem Wunsch, dass sich alle wohlfühlen und ein harmonisches Familienleben stattfindet.
Die Bequemlichkeit der anderen
Zu guter Letzt: Mental Load kann auch entstehen, wenn der Partner und die im Haushalt lebenden Personen, meist die Kinder, eine Mischung aus Bequemlichkeit und mangelnder Aufmerksamkeit an den Tag legen. Warum soll man sich einbringen, wenn es schon jemanden gibt, der einem alles abnimmt?
Das Zauberwort heißt: Gewohnheit. Warum sollten die Kinder den Apfel plötzlich selbst waschen und schneiden? Oder gar einfach reinbeißen? Sie sind es gewohnt, dass man ihnen diese Schritte abnimmt.
Jeder, der oder die im Haushalt lebt, kann sich einbringen – natürlich altersgemäß. Ja, das ist unbequem für alle, die ab jetzt mehr tun müssen, aber es verteilt Mental Load fair auf alle Köpfe – für jeden ein bisschen, dann ist es nicht alles für einen.
Checkliste: Wie hoch ist Ihr Risiko für Mental Load?
- Denken Sie öfter mal: „Ach, das mache ich schnell selbst!“?
- Oder: „Warum muss ich immer an alles denken?“
- Haben Sie viel im Kopf und können nur schwer abschalten?
- Neigen Sie zu Perfektionismus?
- Möchten Sie es gern immer allen recht machen?
- Haben Sie für andere Menschen immer ein offenes Ohr und sind für sie da – egal, wie es Ihnen gerade selbst geht?
- Haben Sie den Eindruck, dass andere Menschen Sie auch gern um Rat fragen?
- Sind Sie ein verlässlicher Typ, auf den man immer zählen kann?
- Neigen Sie dazu, immer „mitzudenken“ oder die Lösung für Probleme bereits im Vorfeld zu erkennen?
- Haben Sie schnell gute Ideen und sind hilfsbereit?
- Lieben Sie es harmonisch und stellen für das Bedürfnis nach Harmonie Ihre eigenen Bedürfnisse hinten an?
- Nehmen Sie Ihre Bedürfnisse insgesamt nicht so wichtig wie die Bedürfnisse Ihrer Mitmenschen?
- Fühlen Sie sich körperlich, geistig oder emotional erschöpft bzw. ausgebrannt und energielos?
- Fühlen Sie sich leer und können gar nicht recht benennen, wie es Ihnen im Moment geht und was Sie brauchen?
- Können Sie schlecht „Nein“ sagen oder ist es schwierig für Sie, Grenzen zu setzen?
- Sind Sie scheinbar grundlos unzufrieden und verstehen nicht, warum?
- Fühlen Sie sich „alleingelassen“ und als ob Sie keine Unterstützung erfahren würden?
- Fällt es Ihnen schwer, Hilfe anzunehmen?
- Sie fühlen sich mental erschöpft und ausgebrannt?
- Haben Sie nach diesem Artikel gegoogelt und bis hierhin aufmerksam gelesen bzw. beim Lesen öfter als drei Mal innerlich genickt?
Wie viele Häkchen haben Sie in dieser Checkliste gesetzt? Waren es mehrere oder gar alle Fragen, die Sie mit „Ja“ beantwortet haben? Diese Fragen können erste Anhaltspunkte liefern, dass für Sie emotional etwas in Schieflage geraten ist und warum Sie sich so ausgebrannt, leer und alleingelassen fühlen.
Häufige Symptome von Mental Load – die Folgen der Dauerbelastung
Häufige Symptome und mögliche Anzeichen für Mental Load:
- Körperliche, geistige bzw. emotionale Erschöpfung, Schwächegefühl
- Gefühl, nur noch zu funktionieren
- Ruhelosigkeit, „innerlich getrieben“ fühlen
- Verzweiflung und Hilflosigkeit
- Burn-out und Depression
- Angst, nicht zu genügen
- Stress bei anstehenden Aufgaben, hinter denen man nicht herkommt
- Druck, alles im Kopf behalten zu müssen und Gedankenkarussell auch in entspannten Situationen (auf dem Sofa, im Bett, beim Yoga)
- Einschlaf- oder Durchschlafprobleme
- Energielosigkeit, leichte Ermüdbarkeit oder anhaltende Müdigkeit
- Verminderte Leistungsfähigkeit und Konzentration
- Entscheidungsunfähigkeit
- Mentale Erschöpfung
- Ideenlosigkeit und fehlende Fantasie, obwohl man sonst sehr kreativ ist
- Muskelverspannungen, die z. B. Rückenschmerzen oder Spannungskopfschmerz zur Folge haben können
- Erkältungsanfälligkeit
- Gefühl, sich belohnen zu müssen, z. B. mit Shopping, Essen oder Alkohol, daraus kann sich Suchtverhalten entwickeln
- Sexuelle Unlust
- Verlust an Empathie
- Gereiztheit und Dünnhäutigkeit, man ist schneller genervt als sonst und reagiert impulsiver (oft bereut man diese Reaktion anschließend)
- Neigung zum Weinen
- Chronische Unzufriedenheit bzw. Unwohlsein bis Bitterkeit
- Groll über die unfaire Verteilung der Arbeit
- Zynismus
- Vorwürfe und Schuldzuweisungen gegenüber anderen, z. B. dem Partner oder den Kindern
- Vermehrte Konflikte und Streit in der Partnerschaft und Familie
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Mental Load reduzieren: Aufgaben fair verteilen in 3 Schritten
Schritt 1: Mit dem Partner darüber sprechen
Bevor Sie jetzt sagen: „Hab‘ ich schon“, bitte ich Sie erst einmal, tief durchzuatmen.
Die meisten Menschen mit Mental Load betonen, dass sie mit ihrem Partner bereits gesprochen haben, aber nur in Gedanken. Oder sie haben es ausgesprochen, als sie voller Rage, Wut und Zorn waren oder gar im Frust. Das ist aber nicht gemeint! Das gemeinsame Gespräch sollte wie eine Teambesprechung verlaufen: Wie würden Sie mit einem Kollegen oder einer Kollegin darüber reden, was Sie stört? Zwischen Tür und Angel? Wenn Sie gerade verärgert sind? Frustriert und genervt? Oder doch besser in Ruhe, wenn Sie als Team zusammensitzen?
Verabreden Sie sich mit Ihrem Partner und setzen sich gemütlich zusammen. Sind beide entspannt, ist es wahrscheinlicher, dass Sie sich einander auch wirklich zuhören können und offen füreinander sind.
Nehmen Sie sich einen Zettel und einen Stift und notieren Sie gemeinsam, wer was wann und wie erledigt, sowie wer an was denkt. Schreiben Sie jeden einzelnen Punkt auf. Wie oft fallen die einzelnen Aufgaben an? Wie viel Zeit nehmen die Aufgaben in Anspruch? Auch die Planung und Organisation muss mit eingerechnet werden.
Achtung, hierzu zählen alle Aufgaben, also nicht nur Hausarbeit, sondern auch Kinderbetreuung, Schulfeste, Geburtstage, die Steuererklärung, Glühbirnenwechsel, Fahrradreparatur und die regulären Arbeitsstunden. Das ist ganz schön viel. Stellen Sie sich bitte daher darauf ein, dass das nicht alles an einem Nachmittag geklärt werden kann bzw. muss. Nehmen Sie sich für die Umverteilung etwas Zeit. Realistisch dauert es insgesamt 3 bis 9 Monate, um alle Fragen zu klären und die ersten Veränderungen umzusetzen.
Fragen Sie sich beide, ob die Verteilung wirklich fair ist. Falls Ihnen die Antwort nach der Fairness schwerfällt, überlegen Sie, ob Sie für eine Woche die Aufgaben tauschen. Dann wird deutlich, wie fair die Aufgaben für Sie beide verteilt sind. Sprechen Sie nach dieser Woche Aufgaben-Tausch erneut miteinander, wie es Ihnen beiden damit ergangen ist.
Schritt 2: Regelmäßige Beziehungsgespräche und dranbleiben
Für viele Männer ist der Satz „Schatz, wir müssen reden“ sehr bedrohlich. Dabei ist es das gar nicht, denn ein gut geführtes Beziehungsgespräch ist vergleichbar mit einer Inventur. Es ist lediglich eine Bestandsaufnahme, in der geprüft wird, ob alle Beteiligten noch zufrieden mit der Situation sind.
Mit „regelmäßige Beziehungsgespräche“ ist lediglich gemeint, dass Sie den ersten Punkt so oft wie möglich wiederholen. Einmal in der Woche ein solches Gespräch zu führen, ist anstrebenswert, mindestens aber einmal im Monat und zu jeder größeren Veränderung (Kinder werden eingeschult, Umzug, Jobwechsel oder die Stundenanzahl im Job erhöht sich) sollte man sich in Ruhe zusammensetzen.
Beziehungsgespräche sollten deshalb regelmäßig stattfinden, damit alle Beteiligten zufrieden bleiben. Wie oft passiert es, dass sich einer von beiden trennt, weil er bzw. sie nicht mehr kann. Der andere Partner fühlt sich, als ob er die Trennung vor den Latz geknallt bekommt, und antwortet dann oft: „Wieso denn das? Er war doch alles schön mit uns!“
Beides stimmt auch: Der sich trennende Partner ist überlastet und hat die Nase voll, und dem anderen ging es wirklich gut in der Beziehung – ihm wurde ja auch alles abgenommen. Schon allein deshalb sollten Sie öfter ein Beziehungsgespräch führen und versuchen, diese Fragen zu beantworten: „Wie zufrieden sind wir jeweils in unserer Beziehung?“, „Was darf bleiben?“, „Was sollte sich verändern?“
Inhalte für diese „Inventur“-Gespräche können sein:
- Was hat seit dem letzten Gespräch gut geklappt?
- Was nicht? Woran lag es? Was könnten wir verändern?
- Sind Aufgaben dazugekommen? Sind andere Aufgaben dafür vielleicht weggefallen? Wenn ja, welche? Und wer übernimmt die neuen Aufgaben bzw. was übernimmt der Partner, bei dem Aufgaben weggefallen sind (z. B.: Im Winter muss der Rasen nicht gemäht werden, dafür vielleicht Schnee geschippt).
- Möchten Sie Aufgaben anders verteilen oder tauschen?
- Sind die Zeiten korrekt eingeschätzt worden oder dauern manche Aufgaben länger bzw. kürzer?
- Welche Erwartungen haben Sie aneinander, die vielleicht noch nicht offen ausgesprochen sind?
- Welche Aufgaben können von der To-do-Liste gestrichen werden? Was darf stattdessen Raum finden, z. B. als Paar mal einfach zusammen sitzen und einen Kaffee trinken?
Schritt 3: Kinder mit einbeziehen
Auch hier gilt, erst einmal tief durchatmen.
Oft übernehmen Menschen, die unter Mental Load leiden, Aufgaben, in denen sie „schneller“ sind oder es „besser machen“. So können die Kinder aber nicht lernen, selbstständig mitzuhelfen.
Wer beispielsweise die Kinder niemals selbst mit dem Löffel Brei essen lässt, muss sich nicht wundern, dass sie es nicht lernen. Natürlich gibt es mal den einen oder anderen Fleck, aber Kinder lernen – durch ausprobieren und es selbst tun. Anfangs kostet Sie das vielleicht etwas mehr Zeit, die dann unter Schritt 1 wieder notiert werden darf. Unterm Strich entlastet es Sie jedoch, wenn Sie die Kinder altersgerecht in das, was zu tun ist, einbinden.
Das kann beim Einkaufen passieren. „Schatz, wir brauchen noch 3 Bananen. Bringst Du sie uns bitte?“, klingt spielerisch. Man kann Kinder beim Tischdecken und bei der Planung der Mahlzeiten einbeziehen. Wohin könnte der nächste Ausflug in den Ferien gehen? Ebenfalls können Kinder lernen, die Sachen aufzuräumen, die sie benutzt haben. Fangen Sie mit kleinen Schritten an, üben Sie sich im „Es-muss-nicht-alles-perfekt-Sein“ und lassen Sie Ihre Kinder ausprobieren und üben, damit sie die Aufgaben später eigenständig übernehmen können.
Ein Wochenplan kann dabei helfen, die Aufgaben sichtbar und fair zu verteilen. Dieser kann rotieren, sofern mehr als ein Kind im Haushalt lebt. Dann ist jeder einmal mit Geschirrspüler-ein-und-Ausräumen, Müll-Runterbringen oder Staubsaugen dran.
Fazit
Mental Load kann zum Beziehungskiller werden. Er entsteht, wenn einer sich für alles verantwortlich fühlt und der Partner bequem und unaufmerksam geworden ist. Das führt früher oder später zu Ärger und eine Menge Frustration. Da zum Gelingen und zum Scheitern einer Beziehung immer zwei gehören, wird es Zeit, Alltagspflichten wieder fair auf alle Köpfe zu verteilen.
Dazu ist es wichtig, die Verantwortung auch mal abzugeben und den Partner bzw. die Familie aktiv einzubinden. Nur weil jemand nicht so „schnell“ ist oder Sie es „besser machen“, heißt das nicht, dass Sie alles an sich reißen müssen. Übung macht den Meister. Binden Sie alle im Haushalt lebenden Personen in die Aufgabenverteilung ein. Jeder trägt seinen Teil, natürlich altersangemessen. So wird eine Familie zum Team.
Allerdings: Von allein wird diese Veränderung nicht passieren. Es braucht auch Ihr Zutun, Sie dürfen sich im Loslassen üben und etwas abgeben – und wenn Sie mit „es ist gut“ statt „perfekt“ zufrieden sind, haben Sie es geschafft. Dann dürfen Sie friedlich auf dem Sofa liegen und durchatmen.
Brauchen Sie Unterstützung, um Mental Load fair zu verteilen?
Wenn Sie alle hier genannten Tipps ausprobiert haben bzw. Sie sich Unterstützung in Gesprächen mit Ihrem Partner bzw. Ihrer Partnerin wünschen, dann berate ich Sie gern in der Paarberatung. Vereinbaren Sie einfach einen Termin mit mir.
Herzlichst, Ihre Ulrike Fuchs
Paarberaterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie
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